
Die Ackerbohne ist eine der am besten an die gemäßigten Klimabedingungen in Deutschland angepassten, leistungsfähigen Körnerleguminosen. Ein zentrales Anliegen der Züchtung ist die Entwicklung von ertrag- und proteinreichen Sorten, die widerstandsfähig gegenüber Krankheiten, Schädlingen und Umweltstress sind. Dr. Amine Abbadi, Hanna Tietgen und Dr. Olaf Sass von der Norddeutschen Pflanzenzucht, nehmen uns mit in die Zukunft der Ackerbohne!
Die Ackerbohne ist eine hochwertige einheimische pflanzliche Proteinquelle und bringt hervorragende ökologische Leistungen und hohe Ökosystemleistungen als Lebensraum für Insekten, insbesondere für Bienen und Wildbienen.
Ein zentrales Anliegen der Züchtung ist die Entwicklung von ertrag- und proteinreichen Sorten, die widerstandsfähig gegenüber Krankheiten, Schädlingen und Umweltstress sind und zudem möglichst wenig Alkaloidglykoside wie Vicin und Convicin sowie Tannine enthalten. Diese sogenannten antinutritiven Substanzen können die Aufnahme und Verdaulichkeit wichtiger Nährstoffe bei Mensch und Tier reduzieren. Genetisch ist die Ackerbohne bislang jedoch nur wenig erschlossen. Bei dieser Kulturart fehlten bisher genomische Daten als Grundlage für Selektionsentscheidungen komplett. Bis heute ist nicht einmal der wilde Vorfahre der Ackerbohne bekannt, mit dem die Domestizierung begonnen hat!
Ein Anliegen der NPZ-Gruppe ist es, die Ackerbohnenzüchtung zu beschleunigen und den zukünftigen Routineeinsatz von molekularen Markern in der Züchtung zu ermöglichen. Mit neuen, strategischen Kooperationen und Forschungsvorhaben soll die Entwicklung von molekularen Ressourcen für die Ackerbohnenzüchtung vorangetrieben werden. Weiterhin sollen die Resistenz oder Toleranz gegen die wichtigsten Krankheiten und Schädlinge bzw. Hitze- und Trockenstress grundlegend untersucht und in den Züchtungsprozess integriert werden.
Sequenzierungsprojekte für eine schnellere und zielgerichtete Züchtung
Die Ackerbohne hat ein enormes Genom – um ein Vielfaches größer als das des Menschen! Daher war die Zusammenstellung des Genoms als Grundlage für die genomik-gestützte Züchtung bis vor Kurzem eine extreme technische Herausforderung. Doch jetzt ist es mit Sequenzierungstechniken möglich, selbst große Genome wie bei der Ackerbohne zu entschlüsseln. Einem internationalen Team um das Leibniz-Institut für Kulturpflanzen in Quedlinburg (IPK) und der Universität Gießen ist es 2023 gelungen, das Genom der Ackerbohne anhand einer alten Sorte (Hedin/2) und der „Grande Dame“ TIFFANY vollständig zu dekodieren. Das Referenzgenom der Sorte TIFFANY legt nun genetische Informationen über wichtige agronomische Eigenschaften und Qualitätsmerkmale offen. Damit die Züchtung dieses besser nutzen kann, hat die NPZ bereits gebräuchliche Marker für Qualitätsmerkmale entwickelt und weitere Marker zur Untersuchung der genetischen Vielfalt im NPZ-Material kartiert. Somit stellt das Referenzgenom von TIFFANY einen Durchbruch für eine schnellere Züchtung dar.
Einzelne Referenzgenome repräsentieren jedoch kaum die vorhandene genetische Vielfalt zwischen Genotypen. Dies können Pangenome besser, die sowohl die sogenannten Kerngenom-Elemente beschreiben, die allen Genotypen der Population gemeinsam sind, als auch die variablen Elemente, die nur in bestimmten Genotypen vorkommen. Pangenome ermöglichen einen vollständigen Überblick über die genetische Vielfalt und erleichtern es uns, die für die Ausbildung von Merkmalen relevanten Faktoren besser zu verstehen. Durch die Erstellung eines Pangenoms werden strukturelle genomische Varianten im Zuchtmaterial nachweisbar. Sie können mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer besseren Aufklärung von Resistenz- und Toleranzmerkmalen bei der Ackerbohne beitragen.
Neue Zuchtmethodik für synthetische Sorten
Bei Ackerbohnen gibt es kein Hybridsystem. Synthetische Ackerbohnensorten1 sollen Ertragsleistung und -stabilität gewährleisten. Es ist bekannt, dass in synthetischen Sorten partielle Heterosis-Effekte genutzt werden und sie sich besser an Umweltschwankungen anpassen können. Die kommerzielle Züchtung synthetischer Ackerbohnen ist jedoch ein äußerst zeitaufwendiges Verfahren und führt zu extrem langen Zeitspannen bis zur Registrierung. Des Weiteren werden kaum Fortschritte bei der systematischen Nutzung der Heterosis in Form von Hybriden in der Ackerbohnenzüchtung erzielt. Daher nutzt die NPZ-Gruppe neue kostengünstige genomweite Markersysteme (DNA-Chips). Begleitet mit aufwendigen Testkreuzungen und Ertragsprüfungen an verschiedenen Standorten werden so genombasierte Vorhersagemodelle entwickelt, um Linien mit hohem Zuchtwert und guter Kombinationsfähigkeit für synthetische frühe Tests zu identifizieren und Kreuzungsprogramme zu initiieren.
Weniger stressempfindlich, weniger Schaden durch Insekten und Krankheiten
Für die Volatilität der Erträge der Ackerbohne sind mehrere Stressoren, die durch klimatische Veränderungen verstärkt werden, ausschlaggebend. Besonders relevant sind die Temperaturentwicklung während der Blüte sowie Trockenstress. Kommt es in dieser Phase zu Extremtemperaturen, setzen diese der Ackerbohne sehr empfindlich zu. Dies führt – selbst bei anschließend günstigem Witterungsverlauf – zu einem starken Ertragsverlust durch Blütenabwurf. Auch bei Trockenstress sind die Blühphase und die frühe Phase der Hülsenfüllung die sensitivsten Entwicklungsstadien. Daher kommt einer Optimierung der Phänologie und einer genetisch veranlagten Unempfindlichkeit eine große Bedeutung zu.
Das Frühjahr beginnt immer früher und die Temperaturen steigen: Beides fördert das Vorkommen von Ackerbohnenkäfern und Blattläusen, die zunehmend zum Problem werden. Der Ackerbohnenkäfer verursacht zwar noch wenig ertragsrelevante Schäden, ist aber für die Saatgutanerkennung und insbesondere für die Vermarktung zur menschlichen Ernährung problematisch. Daher entwickeln wir im Rahmen eines Forschungsprojekts eine nicht-invasive Hochdurchsatz-Phänotypisierungs-Messmethodik, die mithilfe der künstlichen Intelligenz (KI) eine zuverlässige Erfassung vom versteckten Bruchus-Befall ermöglicht. Um Einblicke in die innere dreidimensionale Struktur des Samens zu erhalten und Anzeichen eines versteckten Bohnenkäferbefalls möglichst genau zu erkennen, wird eine röntgenbasierte Computer-Tomografie (CT) durchgeführt. Anhand der Bilddaten wird ein Quantifizierungsschema für verschiedene Bruchus-Befallsstufen erarbeitet.
Ein weiteres hohes Gefährdungspotenzial geht von der sogenannten Leguminosenmüdigkeit aus, die innerhalb der Fruchtfolge zum multikausalen Erscheinungsbild der Infektion mit Wurzel- und Fußkrankheiten führt, insbesondere in ökologisch wirtschaftenden Betrieben. Gegen sie gibt es außer der Fruchtfolgegestaltung aktuell keine Bekämpfungsstrategie.
Ausblick
Die initiierten Forschungsvorhaben bei der NPZ-Gruppe adressieren die aufgezeigten Handlungsfelder. Aufbauend auf einer systematischen Analyse der o. g. abiotischen und biotischen Stressoren aus dem genetisch vielfältigen NPZ-Material werden adäquate Resistenz-/Toleranzeigenschaften identifiziert und ihre genetischen Determinanten eingegrenzt. Diese Kenntnisse werden von der praktischen Züchtung aufgegriffen und mit ausgezeichneten agronomischen und qualitativen Eigenschaften kombiniert, um die biotische und abiotische Widerstandsfähigkeit der Ackerbohnen zu erhöhen.
1 Synthetische Sorten entstehen durch die Kreuzung mehrerer Linien mit einer breiten genetischen Basis.
Schnell gelesen (Kurzfassung):
Es ist wichtig, dass diese Sorten möglichst wenig antinutritive Substanzen enthalten, die die Nährstoffaufnahme negativ beeinflussen können. Bisher gibt es wenig genetische Forschung zur Ackerbohne, und der wilde Vorfahre ist nicht einmal bekannt.
Die NPZ-Gruppe möchte die Züchtung der Ackerbohne beschleunigen, indem sie molekulare Marker in den Züchtungsprozess integriert. An einem internationalen Projekt zur Entschlüsselung des Genoms der Ackerbohne wurde erfolgreich gearbeitet, was nun eine schnellere Züchtung ermöglicht. Es wurden auch Marker für wichtige agronomische Eigenschaften entwickelt. Pangenome ermöglichen einen vollständigen Überblick über die genetische Vielfalt und erleichtern das Verständnis der für die Ausbildung von Merkmalen relevanten Faktoren. Durch die Erstellung eines Pangenoms werden strukturelle genomische Varianten im Zuchtmaterial nachweisbar. Sie können mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer besseren Aufklärung von Resistenz- und Toleranzmerkmalen bei der Ackerbohne beitragen.
Bei Ackerbohnen gibt es kein Hybridsystem. Synthetische Ackerbohnensorten[1] sollen Ertragsleistung und -stabilität gewährleisten. De NPZ-Gruppe nutzt hier neue kostengünstige genomweite Markersysteme (DNA-Chips). Begleitet mit aufwendigen Testkreuzungen und Ertragsprüfungen an verschiedenen Standorten werden so genombasierte Vorhersagemodelle entwickelt, um Linien mit hohem Zuchtwert und guter Kombinationsfähigkeit für synthetische frühe Tests zu identifizieren und Kreuzungsprogramme zu initiieren.
Veränderungen des Klimas beeinflussen die Erträge der Ackerbohne, und es ist wichtig, die Phänologie zu optimieren und genetische Unempfindlichkeit zu fördern. Ackerbohnenkäfer und Blattläuse werden zunehmend problematisch. Die NPZ ist an Forschungsprogrammen zur genauen Erfassung des Käferbefalls und der Krankheiten, die durch Leguminosenmüdigkeit entstehen, beteiligt.
Die in den Forschungsprogrammen gewonnenen Erkenntnisse Diese Kenntnisse werden von der praktischen Züchtung aufgegriffen und mit ausgezeichneten agronomischen und qualitativen Eigenschaften kombiniert, um die biotische und abiotische Widerstandsfähigkeit der Ackerbohnen zu erhöhen.
[1] Synthetische Sorten entstehen durch die Kreuzung mehrerer Linien mit einer breiten genetischen Basis.