Zwischenfrüchte – Profis für Humusbildung, Klimaschutz und Carbon Farming

Zwischenfrüchte – Profis für Humusbildung, Klimaschutz und Carbon Farming

Carbon Farming umfasst ackerbauliche Praktiken, die darauf abzielen, Kohlenstoff effektiv im Boden zu binden. Zwischenfrüchte spielen hier eine zentrale Rolle und schaffen eine Win-win-Situation: Landwirte fördern durch ihren Anbau die Bildung von wertvollem Humus, dessen Hauptbestandteil Kohlenstoff ist. Dieser wurde zuvor der Atmosphäre entzogen. Dieser Prozess der Kohlenstoffspeicherung ist ein wesentlicher Beitrag zum Klimaschutz. Im besten Fall eröffnet sich den Landwirten durch den Verkauf von CO2-Zertifikaten eine zusätzliche Einkommensquelle. Fiene Kaufmann, Produktmanagerin für Zwischenfrüchte, beleuchtet in diesem Kontext die Bedeutung von Humus, die Risiken des Humusabbaus und stellt wirksame Gegenmaßnahmen vor, bei denen der Zwischenfruchtanbau eine Schlüsselrolle einnimmt.

Global gesehen speichern Böden zwei- bis dreimal mehr Kohlenstoff als die Atmosphäre in Form von CO2 enthält. Laut Bodenzustandserhebung Landwirtschaft von 2018 speichern Ackerböden und landwirtschaftliche Vegetation in Deutschland ca. 50 % des organisch gebundenen Kohlenstoffs, also durchschnittlich 61 t/ha in den obersten 30 cm. Das Potenzial für die Kohlenstoffbindung in Ackerböden hängt vor allem von Bodenart, Klima und Standort, aber auch von der Bewirtschaftung ab. Besonders wichtig ist der Tonanteil in Böden, da dieser die Anhaftungsfläche für das organische Material bestimmt; doch auch sandige Böden haben Tonanteile und Maßnahmen für die Humusbildung sind dort sinnvoll.


Humus – großer Kohlenstoffpool mit vielen Funktionen

Der Kohlenstoff im Boden ist im Humus gespeichert und macht in diesem ca. 40–70 % aus. Schon durch kleine Änderungen des Humusgehaltes im Boden können der Atmosphäre große Mengen an CO2 entzogen werden. Doch wie ist Humus definiert? Humus ist die organische Bodensubstanz und umfasst alle abgestorbenen pflanzlichen und tierischen Streustoffe und deren Umwandlungsprodukte. Er wirkt auf fast alle Funktionen unseres Bodens ein. Humus stellt die Nahrung der Mikroorganismen dar und setzt Nährstoffe frei, die dann erst von Pflanzen aufgenommen werden können. Dazu hat er einen positiven Einfluss auf die Bodenstruktur und kann so Erosion verhindern. Humus ist außerdem ein großer Wasserspeicher und verbessert die Infiltration, was bei den zunehmenden Starkregenereignissen immer wichtiger wird. Er wirkt durch Proteine als Puffer und verhindert größere pH-Wert-Schwankungen.


Potenzial Humusaufbau
Potenzial Humusaufbau

Kohlenstoffkreislauf
Kohlenstoffkreislauf


Humusbildung – klassische und aktuelle Theorie

Humus und die Prozesse hinter seiner Bildung sind Bestandteil vieler Forschungsarbeiten und noch nicht vollständig verstanden. In der klassischen Humustheorie erfolgt die Unterteilung in Nährhumus (leicht zersetzbar) und in Dauerhumus (Huminstoffe, abbaustabil). Die Huminstoffe sind ein Gemisch aus hochmolekularen, verbundenen Substanzen. Erklärungsansätze für die Entstehung von Huminstoffen waren hier einerseits die Humifizierung von organischem Material durch Mikroorganismen und andererseits die Anreicherung von nicht abbaubaren Substanzen wie z. B. Lignin.

Neuere Humus-Theorien gehen davon aus, dass Humus einem kontinuierlicher Auf- und Abbau unterliegt. Er ist eine Mischung aus organischen Stoffen, die sich alle in verschiedenen Stadien der Zersetzung befinden. Humus wird hier eingeteilt in den größeren Teil, die mineralisch assoziierte Substanz (Ton-Humus-Komplexe), die langsamer abgebaut wird und die partikuläre, organische Substanz (Streustoffe, z. B. in Aggregate eingeschlossen), die schneller abgebaut wird. Der kleinste Teil ist die gelöste organische Substanz (Bodenlösung).


Der Humus nimmt ab – welche Carbon-Farming-Maßnahmen helfen?

In Zukunft wird ein fortschreitender Humusverlust auf landwirtschaftlichen Böden erwartet, laut eines Modellansatz der Bodenzustandserhebung Landwirtschaft liegt dieser in Deutschland bei jährlich etwa 0,19 t Corg/Hektar. Ein Hauptgrund ist die durch den Klimawandel verursachte Temperaturerhöhung, die zu einem schnelleren Humusabbau führt. Das größte Potenzial für den Humusaufbau mit ackerbaulichen Maßnahmen in Deutschland haben laut Studien des Thünen-Instituts für Agrarklimaschutz die Ausweitung des Zwischenfrucht- und Untersaatenanbaus gefolgt vom Ökolandbau, verbesserten Fruchtfolgen, Umwandlung von Acker zu Grünland, Hecken und Agroforst.

Auch Maßnahmen wie der Strohverbleib auf der Fläche, der Einsatz von Biokohle, Ersatz von mineralischem mit organischem Dünger, Anbau von Energiepflanzen, Unterbodenmanagement, Dauerkulturen, Mischkultursysteme, Einsatz von Fermenten und Kompostee, Dammkulturen oder Direktsaat werden als Carbon-Farming-Praktiken diskutiert. Zu allen gibt es zahlreiche Studien, die Effekte belegen, aber auch widerlegen. Hier erfordert es weitere, validierbare Ergebnisse.


Zwischenfrüchte und Untersaaten – wichtiges Mittel für den Humusaufbau

Der mengenmäßige Eintrag von ober- und unterirdischer Biomasse und die Erhöhung der Photosynthese auf dem Acker hat erheblichen Einfluss auf die Humusbildung. Durch die Bindung von Wurzelexsudaten an Minerale können einerseits langlebige Ton-Humus-Komplexe entstehen. Je nach C/N-Verhältnis schaffen Zwischenfrüchte zum anderen langsamer oder schneller zersetzbare Streustoffe, die zur Humusbildung beitragen. Dieses C/N-Verhältnis ist vor allem abhängig von der Zwischenfruchtart und dem physiologischen Zustand der Pflanzen. Weit entwickelte und verholzte Pflanzen haben ein weiteres C/N-Verhältnis als physiologisch jüngere Pflanzen. Komponenten mit niedrigen C/N-Verhältnissen sind Leguminosen, besonders hohe C/N-Verhältnisse findet man bspw. bei Gelbsenf oder Öllein.

In einer Studie des Thünen-Institutes aus 2015 zum Einfluss eines regelmäßigen Zwischenfruchtanbaus wurde durch einen jährlichen Anbau von Zwischenfrüchten eine durchschnittliche Anreicherung von ca. 320 kg Kohlenstoff je Hektar und Jahr ermittelt, das sind fast eine Tonne CO2. Im folgenden Feldversuch wurde die Wurzelbiomasse der Zwischenfrucht in der Relevanz für die Kohlenstoffspeicherung zwischen zwei und dreimal höher bewertet als die oberirdische Biomasse. Komponenten mit mehr Wurzelmasse erhöhen demnach den Humusaufbau. Es zeigte sich außerdem, dass sich Mischungen und Einzelkomponenten nicht signifikant in der gebildeten Biomasse für den Humusaufbau unterschieden. Wurzelstarke Komponenten, die mehr zur Kohlenstoffspeicherung beitrugen, waren Ölrettich, Rauhafer und Phacelia.

Die Ergebnisse verdeutlichen nachdrücklich, dass bei Zwischenfruchtmischungen die sorgfältige Auswahl der Komponenten in Bezug auf die Fruchtfolge, der Leguminosenanteil und die Anpassung an die Standortbedingungen entscheidend sind und eine größere Bedeutung haben als eine maximale Vielfalt der Mischung.


Untersaat Viterra
Untersaat Viterra


Zertifizierungssysteme

Carbon Farming und Humusaufbau können über CO2-Zertifikate vergütet werden. Dabei gibt es unterschiedliche Modelle: Die Humusgehalte werden nach Ablauf eines Zeitraums gemessen, sie werden mithilfe von Modellen berechnet oder sie werden anhand durchgeführter Maßnahmen pauschal vergütet.

Daran gibt es Kritik: Veränderungen im Humusgehalt sind langfristig, das Risiko, dass nach vereinbartem Zeitraum kein nachweisbarer Effekt messbar ist, liegt beim Landwirt. Wichtig ist auch die Permanenz – wird eine Maßnahme beendet, geht der gespeicherte Kohlenstoff verloren (z. B. Energieholzernte in Agroforst). Außerdem ist von Verschiebungseffekten durch die Konzentration von humusfördernden Maßnahmen auf den Zertifikatsflächen auszugehen, während an anderer Stelle Kohlenstoff entnommen wird (z. B. Biokohle). Auch Betriebe, die bereits sehr viel für den Humusgehalt ihres Bodens getan haben und sich daher auf einem für ihren Standort hohen Humus-Niveau befinden, sind benachteiligt. Freiwillige Förderungen wie die Ökoregelungen sind gute Alternativen zu CO2-Zertifikaten.

Hier ergeben sich durch die Ökoregelung 1.a oder 1.b Möglichkeiten, mit Zwischenfruchtmischungen Brachflächen für den Humusaufbau zu begrünen oder auch die Ökoregelung 2, mit der eine vielfältige Fruchtfolge mit bspw. Ackergras oder Leguminosen gefördert wird. Auch AUKM-Programme der Bundesländer können genutzt werden.


Fazit

Humus befindet sich im ständigen Auf- und Abbau. Er muss also kontinuierlich mit Biomasse „gefüttert“ werden. Vor allem die Erhöhung der Photosyntheseleistung und verbleibende hohe Wurzelmasse auf dem Acker haben Effekte auf den Humusaufbau. Durch Zwischenfrüchte und Untersaaten können Streustoffe und Wurzelexsudate in den Boden eingebracht werden und damit die Humusbildung gefördert werden. Sie können zudem auch auf fast jedem Betrieb umgesetzt werden. Hierbei sind lange Standdauer durch frühe Aussaaten und wenig Brachzeiten wichtige Stellschrauben. Förderungen wie die aufgewerteten Ökoregelungen verbessern die Wirtschaftlichkeit. Dabei basiert der Erfolg aber immer auf Kontinuität!


Schnell gelesen (Kurzfassung):

Humus umfasst organische Bodensubstanz, abgestorbene Pflanzen und Tiere sowie deren Umwandlungsprodukte. Er verbessert die Bodenfruchtbarkeit, erhält die Nährstoffe für Pflanzen und schützt vor Erosion. Humus speichert Wasser und hilft bei der Nährstoffpufferung.
Humus ist ein wichtiger Kohlenstoffspeicher im Boden – CO2 macht 40-70 % seines Volumens aus. Geringe Änderungen schon können große CO2-Mengen aus der Atmosphäre binden – oder beim Humusabbau CO2 freisetzen. 
Traditionell wird Humus in Nährhumus (leicht zersetzbar) und Dauerhumus (stabil) unterteilt. Jüngere Theorien besagen, dass Humus Auf- und Abbauprozessen unterliegt und aus verschiedenen organischen Substanzen in unterschiedlichen Zersetzungsstadien besteht. Partikulär assoziierte Substanzen sind leichter zersetzbare Pflanzenreste, während mineralisch assoziierte Substanzen stabilere Komplexe bilden. Gelöste organische Substanz ist der kleinste Teil.


In Zukunft wird in erster Linie aufgrund des Klimawandels ein stetiger Verlust an Humus auf landwirtschaftlichen Böden erwartet. Modellrechnungen gehen von einem jährlichen Verlust von  etwa 0,19 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar und Jahr aus. Für den Humusaufbau sind Maßnahmen wie Zwischenfrüchte, Ökolandbau und verbesserte Fruchtfolgen entscheidend. Weitere diskutierte Praktiken sind der Einsatz von Biokohle und organischen Düngemitteln sowie verschiedene Anbausysteme.


Der Einfluss von Zwischenfrüchten auf die Humusbildung ist signifikant. Diese Pflanzen erhöhen die Biomasse und fördern die Photosynthese. Die Art der Zwischenfrüchte beeinflusst das C/N-Verhältnis, welches entscheidend für die Zersetzung der Streustoffe ist. Eine Studie zeigt, dass der Anbau von Zwischenfrüchten jährlich etwa 320 kg Kohlenstoff pro Hektar einbringen kann. Dabei ist die Auswahl der Pflanzen und deren Anpassung an die Bedingungen wichtiger als die Vielfalt.


CO2-Zertifikate können zwar zur Vergütung von Humusaufbau genutzt werden, stehen aber aus verschiedenen Gründen durchaus in der Kritik. Freiwillige Förderungen wie Ökoregelungen bieten hier gute Alternativen.