Produktionstechnik: Effizientere Nährstoffausnutzung bedeutet Gewässerschutz

Produktionstechnik: Effizientere Nährstoffausnutzung bedeutet Gewässerschutz

Die landwirtschaftliche Gewässerschutzberatung wurde Anfang der 1990er-Jahre etabliert, um Nitratausträge zu reduzieren und eine gute Grund- bzw. Trinkwasserqualität zu sichern. Neben dem Nährstoff Stickstoff gewinnt zunehmend die Vermeidung von Phosphoreinträgen in das Oberflächengewässer an Bedeutung. Simon Geries, Büro für Standorterkundung Geries Ingenieure GmbH, beschreibt die Einflussmöglichkeiten über die Fruchtfolgegestaltung.

Die verschärften düngerechtlichen Regelungen und ein steigender Mineraldüngerpreis stellen die Landwirtschaft vor Herausforderungen und erfordern rein ökonomisch einen effizienteren Düngereinsatz über die Fruchtfolge. Die Zunahme von ausgeprägten Trockenphasen und extremen Witterungsschwankungen setzt widerstandsfähige Pflanzen und Bewirtschaftungssysteme voraus. Die zunehmenden Resistenzbildungen bei Pflanzenschutzmitteln (PSM) und die Funde von PSM bzw. deren Metaboliten im Grundwasser erfordern phytosanitäre Maßnahmen durch eine angepasste Anbaustrategie. Letztere schützt also nicht nur unsere Gewässer, sondern dient auch der Ertrags- und Qualitätssicherung. Für die Bewältigung der gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen ist die Fruchtfolgegestaltung daher ein Schlüsselwerkzeug.


Das Potenzial einer weiten Fruchtfolge nutzen

Eine aufgelockerte Fruchtfolge ist ein wichtiges Werkzeug, um N-Überschüsse vor Beginn der Sickerwasserperiode im Herbst zu minimieren. Ziel der Fruchtfolgegestaltung ist ein ausgewogenes Verhältnis zwischen humuszehrenden und humusmehrenden Kulturen, Sommerungen und Winterungen sowie Halm- und Blattfrüchten.


mittlere N-Salden bei unterschiedlichen Fruchtfolgen; zur besseren Ansicht bitte anklicken
mittlere N-Salden bei unterschiedlichen Fruchtfolgen; zur besseren Ansicht bitte anklicken


Abb. 1 zeigt beispielhaft Fruchtfolgegestaltungen mit N-Salden aus Schlagbilanzen von zwei unterschiedlichen Standorten. Auf dem ertragsstarken Standort wird von einer engen Rüben-Getreidefruchtfolge ausgegangen. Dabei erzielt der Stoppelweizen in der Regel einen geringeren Ertrag als der Rübenweizen, was zu höheren N-Überschüssen nach Stoppelweizen führt. Mit der Hinzunahme von Mais und einer simplen Rotation wird der Anbau von Stoppelweizen vermieden und die getreidelastige Fruchtfolge durch eine Zwischenfrucht aufgelockert. Der Fruchtfolge-Saldo lässt sich dadurch von 17 kg N/ha auf -5 kg N/ha senken. Der Mais nimmt wie die Zuckerrübe in den mineralisationsstarken Monaten viel Stickstoff auf und verwertet Nährstoffe aus organischen Düngemitteln sehr gut. Aufgrund der hohen N-Effizienz und der Ernte als Ganzpflanze weist der Mais in der Regel einen negativen N-Saldo auf. Die angepasste Düngung und die Berücksichtigung der N-Nachlieferung aus der Zwischenfrucht ist erforderlich, weil ansonsten erhöhte Nmin-Werte im Herbst auftreten können. Nach dem Mais folgt der Weizen. Alternativen wären Dinkel oder Roggen, die aufgrund des geringeren Einsatzes von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln inkl. geringerer Produktionskosten auch auf ertragsstarken Standorten den Anspruch in der Fruchtfolge bestätigen.


Bewirtschaftung von Grenzstandorten: „Königsdisziplin“ der Gewässerschutzberatung

Hybridroggen entfaltet besonders in den Roten Gebieten sowie auf Grenzstandorten (Variante 2) seine Stärken. Die Raps-Getreidefruchtfolge der Variante 2 bezieht sich auf diese Standorte mit geringer Feldkapazität und hoher Nitratauswaschungsgefährdung. Der Weizen wird aufgrund des hohen Düngebedarfs und der potenziellen Ertragseinbußen in Trockenjahren durch Mais und Winterroggen ersetzt. Der Anbau von Hafer stellt als Sommerung mit guten Vorfruchteffekten eine weitere sinnvolle Ergänzung dar. Durch die Etablierung der N-effizienten Kulturen und einer Zwischenfrucht liegt der Fruchtfolgesaldo mit -9 kg N/ha deutlich geringer als der Ausgangssaldo von 41 kg N/ha.


Weizen entwickelt sich im Herbst schwächer als Gerste und kan weniger N aufnehmen (Bild: Geries)
Weizen entwickelt sich im Herbst schwächer als Gerste und kan weniger N aufnehmen (Bild: Geries)
Wintergerste entwickelt sich im Herbst kräftig und kann viel N aufnehmen
Wintergerste entwickelt sich im Herbst kräftig und kann viel N aufnehmen

Entscheidend ist die Anordnung der Fruchtfolgeglieder

Die hohe N-Einsparung wurde, neben der Erweiterung der Fruchtfolge, durch eine optimierte Stickstoffverwertung nach Raps erreicht. Durch den N-Überschuss nach Winterraps (62 kg/ha) kann die Wintergerste auch ohne Düngung zu einem kräftigen Bestand im Herbst bestocken (Abb. 2). Demgegenüber kann Winterweizen, der in den Ackerbauregionen Priorität genießt und daher meist nach Raps steht, im Herbst nur geringe Stickstoffmengen aufnehmen (Abb. 3).

Neben der höheren N-Aufnahme vor dem Winter und der N-Konservierung ist die frühräumende Wintergerste auch eine deutlich bessere Vorfrucht für eine folgende Zwischenfrucht. Dadurch ergibt sich für den Gewässerschutz gleich ein doppelter Vorteil.


Effektivere Nährstoffnutzung durch diversifiziertes Anbausystem

Durch den Anbau von Zwischenfrüchten mit Leguminosenanteil (z. B. Wicken) kann zusätzlicher Stickstoff aus der Luft fixiert werden. Auch auf sandigen Standorten kann dadurch ohne Düngung ein guter Zwischenfruchtbestand entwickelt werden. Versuche aus dem Wasserschutz zeigen, dass der Folgekultur während der Vegetationszeit deutlich mehr Stickstoff zur Verfügung gestellt werden kann, als es die Düngeverordnung vorgibt. Durch die realistische Berücksichtigung der N-Nachlieferung kann Mineraldünger eingespart und eine beschränkte N-Düngung in den Roten Gebieten kompensiert werden. Für Betriebe außerhalb der Roten Gebiete, die organischen Dünger einsetzen, eignen sich Arten mit hohem N-Aneignungsvermögen (Rübsen, Ölrettich). Mit einer Zwischenfruchtmischung und steigender Artenvielfalt erschließen die verschiedenen Wurzelsysteme auch größere Bereiche des Bodens. Dadurch erhöhen sich nicht nur der Aufnahmeradius von Nährstoffen und der Durchwurzelungsbereich der Folgekultur. Auch die Nährstoffverfügbarkeit verbessert sich, festgelegte Nährstoffe wie Phosphor können aufgeschlossen werden. Ein gut etablierter Zwischenfruchtbestand im Herbst leistet außerdem einen großen Beitrag zum Erosionsschutz, sodass besonders an Hängen der Phosphor-Eintrag in das Oberflächengewässer minimiert wird.


Gewässerschonende Bewirtschaftung = nachhaltige Optimierung der Produktionssysteme

Die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik (GAP) setzt wohl ab dem Jahr 2023 eine erweiterte Fruchtfolge mit jährlicher Rotation auf der Fläche voraus. Dies ist nicht nur eine weitere Auflage – es bietet auch Chancen und vielfältige positive Effekte! Dabei sollte die Marktleistung immer für die gesamte Fruchtfolge berechnet werden. Dadurch erzielen Kulturen, die auf dem ersten Blick nicht lukrativ erscheinen, oftmals als System eine deutlich bessere Wirtschaftlichkeit.


Fazit

Eine Fruchtfolge im Sinne des Gewässerschutzes bedeutet oftmals neben der Minderung von Nährstoffeinträgen in das Gewässer einen Zugewinn für Bodenfruchtbarkeit und Biodiversität. Solche Fruchtfolgen verwerten den auswaschungsgefährdeten Stickstoff aus der Wurzelzone im Herbst besser und können über eine angepasste Abfolge der Kulturen erhebliche N-Mengen aufnehmen und konservieren. Es wird weniger Mineraldünger benötigt, was sich bei Ackerbaubetrieben auch aus ökonomischer Sicht durchaus lohnen kann. Auch durch zusätzliche „fossilfreie“ N-Fixierung von Leguminosen resultiert ein geringerer Bedarf an Mineraldünger und energieintensiver Produktion.


Schnell gelesen (Kurzfassung):

Eine aufgelockerte Fruchtfolge ist ein wichtiges Werkzeug, um N-Überschüsse vor Beginn der Sickerwasserperiode im Herbst zu minimieren. Ziel der Fruchtfolgegestaltung ist ein ausgewogenes Verhältnis zwischen humuszehrenden und humusmehrenden Kulturen, Sommerungen und Winterungen sowie Halm- und Blattfrüchten. An Beispielen aus der Praxis wird gezeigt, dass z. B. eine Veränderung der klassischen Fruchtfolge Raps/Winterweizen/Winterweizen/Wintergerste den N-Saldo auf schwachen Standorten um 50 kg/ha reduzieren kann. Die Hinzunahme von Mais als Sommerung, Zwischenfrüchten und Winterroggen statt Winterweizen hat darüber hinaus auch Vorteile beim Pflanzenschutz-Resistenzmanagment und senkt die Produktionskosten.

Wichtig ist aber auch die Anordnung der Fruchtfolgeglieder. Wintergerste hat zum Beispiel den Vorteil, dass sie den nach Raps vorhandenen Stickstoff deutlich effektiver aufnimmt als Winterweizen. 

Auch mit einer geschickten Wahl der Zusammensetzung von Zwischenfruchtmischungen lässt sich viel erreichen: Durch Leguminosen in der Zwischenfrucht kann der Folgefrucht mehr Stickstoff zur Verfügung gestellt werden, als es die DüV vorgibt. Eine Düngung der Zwischenfrucht selbst wird dann auf sandigen Standorten auch überflüssig. Die tiefreichende Wurzelmasse unter einer Zwischenfruchtmischung erweitert zudem für die Nachfolgekultur den Aufnahmeradius für Nährstoffe und deren Verfügbarkeit: Diese werden dann effektiver genutzt