Was tun gegen Weizensteinbrand?

Der Weizensteinbrand Tilletia caries gehört zu den wichtigsten Krankheiten des Weizens. Besonders im Ökolandbau tritt er in den letzten Jahren vermehrt auf. Befallene Partien führen häufig zu Vermarktungsschwierigkeiten und auch in der Fütterung ist dieses Getreide kritisch zu sehen. Petra Henze und Markus Mücke, beide von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, erläutern wirkungsvolle Gegenmaßnahmen.

Ähren mit Weizensteinbrand; die Brandbutten wurden aufgeschnitten, sonst sähe man sie nicht so deutlich.
Ähren mit Weizensteinbrand; die Brandbutten wurden aufgeschnitten, sonst sähe man sie nicht so deutlich.
Weizensteinbrand tritt überall dort auf, wo befallenes Saatgut ausgesät wird. Wer ungebeiztes Saatgut von Weizen oder Dinkel auf seinem Betrieb einsetzt, sollte vorher eine Untersuchung vornehmen lassen, denn unerkannt befallenes Nachbausaatgut kann zu einem hohen Befallsdruck führen. Bei der Ernte führt die Zerschlagung der Brandbutten in den Ähren zur Verbreitung einer enormen Menge an Sporen, die die Erntemaschinen, das Stroh, die Lager- und Hofstellen sowie die Ackerflächen verseuchen. Neben der Übertragung durch befallenes Saatgut kann eine bodenbürtige Infektion durch überdauernde Sporen über den Boden erfolgen. Die günstigsten Infektionsbedingungen hat der Steinbrand bei Trocken­heit und Temperaturen von 6–10 °C bis 14 Tage nach der Saat. Die Sporen keimen zeitgleich mit dem Saatgut aus und infizieren die junge Weizenpflanze. Der Pilz wandert bis zum Vegetationskegel und besiedelt die Ährenanlage.

Anstelle von Körnern werden vom Pilz in den Ähren „Brandbutten“ ausgebildet, die eine schwarze Masse aus 4–5 Millionen Brandsporen enthalten und nach Heringslake riechen. Erkrankte Pflanzen sind häufig im Wuchs etwas verkürzt und haben gespreizte Spelzen, fallen aber optisch im Bestand kaum auf. Zur Blüte fehlen die ausgetretenen Staubgefäße.

Zwergsteinbrand (Tilletia controversa) ist eine verwandte Form und tritt vorwiegend in Höhenlagen Süddeutschlands mit häufig geschlossenen Schneedecken oder langen kühl-feuchten Bedingungen nach dem Auflaufen auf. Eine verlässliche Unterscheidung zwischen Tilletia caries und Tilletia controversa, ist häufig erst im Labor möglich. Eine direkte Bekämpfung des Zwergsteinbrandes ist im Ökolandbau nicht möglich. Resistente Sorten sind laut Züchterangaben Tilliko, Aristaro und Graziaro.


Was tun gegen Weizensteinbrand?

1. Vorbeugende Maßnahmen

Es gibt acker- und pflanzenbauliche Maßnahmen, die das Befallsrisiko wirkungsvoll reduzieren. Dazu gehören eine weite Fruchtfolge, eine intensive Saatgutreinigung bei großen Körner > 2,5 mm und eine späte Saat nach Mitte Oktober, wenn das Temperaturoptimum für die Sporenkeimung unterschritten wird. Auf Flächen, auf denen bereits Steinbrand vorgekommen ist, sollte der Anbauabstand von Wirtspflanzen mindestens drei bis fünf Jahre betragen. Wer auf „Nummer sicher“ gehen möchte, sollte auf Steinbrand untersuchtes Öko-Z-Saatgut verwenden. Im Zweifelsfall sollten die Steinbrand-Untersuchungsergebnisse schriftlich beim Anbieter angefordert werden. Nach Züchterangaben sollen folgende Winterweizensorten aus biologisch-dynamischer Züchtung widerstandsfähig gegenüber Steinbrand sein: Trebelir, Tillico, Butaro, Aristaro, Thomaro, Sarastro, Roderik und Graziaro.

2. Biologische Saatgutbehandlung im Ökolandbau

Das Auftreten von Steinbrand kann im ökologischen Landbau mit den Präparaten Tillecur® und Cerall® bekämpft werden. Tillecur® besteht vorwiegend aus Gelbsenfmehl und kann trocken oder feucht angewendet werden. Bei höheren Sporenbesätzen empfiehlt der Hersteller die feuchte Anbeizung. Cerall® ist eine wasserbasierte anwendungsfertige Bakteriensuspension aus Pseudomonas chlororaphis-Stämmen, die an das Bodenleben im Wurzelraum angepasst sind. Diese Bakterien bekämpfen die dem Saatgut anhaftenden Krankheitserreger. Das Präparat ist als Pflanzenschutzmittel zugelassen. In unseren Versuchen mit künstlicher Infektion zeigten beide Mittel bei geringeren Sporendichten eine gute Wirkung. Bei hohen Sporendichten (3.000 Sporen/Korn) lagen die Wirkungsgrade bei Tillecur® höher als bei Cerall® und erreichten sogar das Niveau des chemischen Vergleichsmittels (s. Abb. 1 und 2).


Wirkung der Saatgutbehandlung; Zum Vergrößern bitte Anklicken
Wirkung der Saatgutbehandlung; Zum Vergrößern bitte Anklicken


Bei Nachbau empfehlen wir dringend eine Laboruntersuchung des Saatgutes auf Steinbrandbefall. Ab 10 Sporen/Korn sollte man sicherheitshalber beizen, bei über 300 Sporen/Korn empfehlen wir, das betroffene Saatgut nicht zu verwenden. Nicht untersuchtes und nicht gebeiztes Nachbausaatgut erhöht das Infektionspotenzial von Jahr zu Jahr.

3. Elektronische Saatgutbehandlung

Die elektronische Saatgutbehandlung bietet die Möglichkeit, ohne biologisch oder chemische Beizung samenbürtige Krankheiten zu reduzieren. Hier werden die Krankheitserreger am Saatgut mittels Elektronenbeschuss abgetötet, die Keimfähigkeit bleibt jedoch erhalten. Die Methode ist nach dem gegenwärtigen Stand bei den meisten Bioverbänden (außer Demeter) zulässig.

Erste Versuche des Pflanzenschutzamtes der LWK Niedersachsen zeigen eine gute Wirkung auf Steinbrand im Vergleich zu chemischen und biologischen Beizmitteln (Abb. 2). Es gibt bereits erste Ökosaatgutanbieter, die mit Elektronen behandeltes Saatgut vertreiben.


Schon geringe Sporenmengen reichen aus

Seit 2013 werden vom Pflanzenschutzamt der LWK Niedersachsen Exaktversuche im Freiland zur Bekämpfung des Weizensteinbrands Tilletia caries mit künstlicher Infektion durchgeführt. Neben der Frage des Wirkungsgrades verschiedener Beizmittel (Abb. 1 und 2) wird auch das Auftreten von Steinbrand bei Infektion mit unterschiedlichen Sporenzahlen/Korn getestet (Tab. 1). Im Anschluss an die künstliche Infektion wird das Saatgut im Labor gebeizt.Im zweiten Versuch zeigte sich, dass bereits bei geringen Sporenmengen wie 10 Sporen/Korn Befall im Bestand auftreten kann (Tab. 1). Der Grenzwert für die Saatgutanerkennung in Vermehrungsflächen beträgt bei Tilletia caries 5 Pflanzen/150 m², bei Tilletia controversa beträgt er 1 Pflanze/150 m².


Einfluss des Sporenbefalls der Körner auf die Krankheit imBestand
Einfluss des Sporenbefalls der Körner auf die Krankheit imBestand


Zusammenfassung

Was also kann man gegen Weizensteinbrand im Ökolandbau tun?

  • Auswahl widerstandsfähiger Sorten
  • Berücksichtigung ackerbaulicher Maßnahmen
  • Verwendung gesunden, zertifizierten Saatgutes; eigenes Nachbau-Saatgut unbedingt untersuchen lassen und Rückstellprobe behalten
  • Bei entsprechenden Untersuchungsergebnissen das Saatgut beizen oder ggf. nicht aussäen

Schnell gelesen (Kurzfassung):

1. Vorbeugende Maßnahmen

Acker- und pflanzenbauliche Maßnahmen: weite Fruchtfolge, intensive Saatgutreinigung bei großen Körner > 2,5 mm und eine späte Saat nach Mitte Oktober, wenn das Temperaturoptimum für die Sporenkeimung unterschritten wird.
Auf Flächen mit Steinbrandvorkommen: Anbauabstand von Wirtspflanzen von drei bis fünf Jahren
Verwendung von auf Steinbrand untersuchtem Öko-Z-Saatgut. Im Zweifelsfall Steinbrand-Untersuchungsergebnisse schriftlich beim Anbieter einfordern.
Verwendung widerstandsfähiger Sorten aus biologischdynamischer Züchtung: Trebelir, Tillico, Butaro, Aristaro, Thomaro, Sarastro, Roderik und Graziaro.

2. Biologische Saatgutbehandlung im Ökolandbau

Das Auftreten von Steinbrand kann im ökologischen Landbau mit den Präparaten Tillecur® und Cerall® bekämpft werden.
Bei Nachbau das Saatgut im Labor auf Steinbrandbefall untersuchen lassen:  Ab 10 Sporen/ Korn sollte man sicherheitshalber beizen, bei über 300 Sporen/Korn sollte man das betroffene Saatgut nicht verwenden.

3. Elektronische Saatgutbehandlung