
Das Ende Januar 2025 im Bundestag beschlossene Biomasse-Paket eröffnet endlich Zukunftsperspektiven für bestehende Biogasanlagen. Unter anderem wird jedoch der Maisdeckel weiter abgesenkt. Dr. Maendy Fritz, Spezialistin für Rohstoffpflanzen und Stoffflüsse (Technologie- und Förderzentrum im Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe (TFZ)) gibt Tipps zu Alternativen zum Mais.
Im Biomasse-Paket wurden die Ausschreibungsvolumina in 2025 und 2026 deutlich vergrößert und der Flexibilitätszuschlag auf 100 €/kW für einen Vergütungszeitraum von nun 12 Jahren erhöht.
In der Kritik steht vor allem die Regelung, dass nicht mehr die jährliche Bemessungsleistung begrenzt ist, sondern die Zahl der vergütungsfähigen Betriebsstunden. Diese soll außerdem von 4.000 Stunden über 2.500 bis 2.000 Stunden sinken. Zusätzlich ist eine Absenkung des Maisdeckels ab 2025 von 35 auf 30 Masseprozent und ab 2026 von 30 auf 25 Masseprozent vorgesehen. Dementsprechend sind bei einem Weiterbetrieb alternative Biogaskulturen gesucht. Folgende einjährige Kulturen sowie Dauerkulturen können Silomais ergänzen und mit arbeitswirtschaftlichen und ökologischen Vorteilen punkten.
Einjährige Kulturen
Ganzpflanzen-Getreide und Grünroggen (Sortenempfehlungen beachten)
- Mit Getreide-Ganzpflanzen lässt sich die Winterfeuchtigkeit produktiv nutzen (beachten Sie auch den folgenden Beitrag).
- Je nach Erntezeitpunkt und Niederschlagsversorgung im Sommer kann eine Zweitfrucht z. B. frühreifender Mais, Sorghum oder Buchweizen folgen.
- Liegt der Fokus auf der Sommerung, ist früh räumender Grünroggen die bessere Wahl.
- Aufwendungen für Pflanzenschutz können gegenüber Druschgetreide reduziert werden.
- Erfolgt die Beerntung sicher vor der Samenreife, können mitwachsende Unkräuter ignoriert werden, nur niedrigbleibende sowie Problemunkräuter sollten bekämpft werden.
- Wick-Getreide-Gemenge zum Ausnutzen der Winterfeuchtigkeit
- ökologische Aufwertung der Getreide-Ganzpflanzen durch Wicke-Beimischung
- empfehlenswert für Winterungen: lila Zottelwicke oder die weniger üppige, weiße Pannonische Wicke
- Fertige Mischungen, auch mit Grasuntersaat, sind im Handel verfügbar.
- Für Selbstmischer: Nicht mehr als 3 kg Zottelwicke-Saatgut oder 6 kg Saatgut der Pannonischen Wicke je Hektar verwenden, das reicht für einen Blüheffekt ohne Lagerrisiko.
- hohe Ertragssicherheit durch bekanntes Getreide als Hauptbestandteil, Methanausbeuten je Hektar nur knapp 5 % unter Reingetreiden
- Wahl einer gesunden, standfesten Getreidesorte: In Mischkultur besteht keine PSM-Indikation für chemische Pflanzenschutzmittel und Wachstumsregler.
- Flexibilität bei Erntetermin durch weniger schnell ansteigenden Trockensubstanzgehalt und wertvolles Blütenangebot
- Das Blütenangebot von Ende Mai bis zur Ernte fördert vor allem Hummeln.
Sorghum für warme, trockene Standorte und in maisreichen Regionen
- braucht min. 12 °C Bodentemperatur zur Keimung, Saat daher meist erst Mitte Mai sinnvoll
- flexibel nach verschiedenen Vorfrüchten wie Ackergras, Grünroggen und Gersten-GPS einsetzbar
- Späte Saat bis 20. Juni möglich, danach ist Erreichen der Siloreife mit min. 28 % Trockensubstanzgehalt nicht sicher.
- hohe Typen- und Sortenauswahl verfügbar: absolut standfeste, stärkereiche Körnertypen, stärkebetonte, mittelhohe Dualtypen, ertragreiche Silotypen und frühreife Hybriden (S. bicolor x S. sudanense). Überblick gibt das jährliche TFZ-Sortenscreening.
- keine Wirtspflanze für Westlichen Maiswurzelbohrer und wenig Befall mit Maiszünsler
- wurzelt über 2 m tief, deutlich tiefer als Mais
- Hohe Trockentoleranz: Sorghum legt bei Trockenheit eine Wachstumspause ein und wächst danach weiter.
- Erreicht ca. 85 % des Mais-Trockenmasseertrags, Methanausbeute durch v. a. weniger Stärke ist jedoch geringer.
Buchweizen-Ganzpflanzensilage
- • sehr extensive Kultur mit geringen Bodenansprüchen
- • schnellwachsende Zweitfrucht für sehr späte Saattermine bis Anfang Juli
- • kann mit üppigen Wachstum Unkräuter und Ungräser wie Schad-Hirsen überwachsen und so unterdrücken
- • Insektenmagnet durch langandauernde Blüte
- • Warnung: Einsatz von Sulfonylharnstoff in der Vorfrucht verträgt er nicht!
Dauerkulturen
Für schwierige oder weit entfernte Standorte sowie bei besonderen Anforderungen an die Bewirtschaftung, wie im Wasserschutzgebiet, können Dauerkulturen eine gute Wahl sein. Vorausgesetzt, die Verwendung oder die Lieferung der Biomasse ist langjährig gesichert.
Durchwachsene Silphie für Akzeptanz, Erosions- und Wasserschutz
- blühende Dauerkultur, nur für Biogas einsetzbar
- prädestiniert für abgelegene Schläge: nach Etablierung nur Düngung und Ernte notwendig
- tiefgründiger Boden vorteilhaft, sonst kann sie den Vorteil des intensives Wurzelsystem nicht ausspielen
- sehr guter Erosionsschutz, besser als bei Wintergetreide
- Wasserschutzgebiete: sehr geringe Nmin-Werte
- langfristig Humusaufbau und Kohlenstofffestlegung in tiefen Bodenschichten erwartet
- erreicht je nach Standortgüte 60 bis 75 % des Methan-Hektarertrags von Silomais
Riesenweizengras (Szarvasigras, Hirschgras, Riesen-Quecke) für sommertrockene Lagen
- Wachstumspause im Sommer gut bei Sommer-trockenheit, braucht aber ausreichend Niederschläge in Frühjahr und Herbst
- früher Wuchsbeginn mit frühem Nährstoffbedarf und Düngemöglichkeit nach 1. Schnitt
- Ernte mit GPS-Schneidwerk direkt aus dem Stand, kein Anwelken nötig
- Tendenz zur Verungrasung, daher Standzeiten eher nur sechs bis acht Jahre
- hohes Ertragspotenzial bei gutem Standort zwischen Getreide-GPS und Mais
Miscanthus-Grünschnitt bestehender Bestände als zusätzliche Biomasse
- Wenn der Schnitt nicht vor 1. Oktober erfolgt, kann Miscanthus/Chinaschilf grün beerntet werden.
- Pflanze muss zwingend Nährstoffe rückverlagern, sonst ist der Austrieb im Folgejahr geschwächt.
- Wichtig für 2000er/2004er und 2009er EEG-Anlagen: Miscanthus muss von landwirtschaftlichem, forstwirtschaftlichem oder gartenbaulichem Betrieb kommen.
- sehr hoher Biomasseertrag, aber geringe Methanausbeute, Methanhektarertrag ähnlich wie Mais
- Aufbereitung der wenig verdaulichen Biomasse mittels Querstromzerspaner, Hammermühle, Extruder o.ä. empfohlen
Für Biogas NICHT geeignete Kulturen
Im Laufe der Jahre wurden am TFZ viele Kulturen als nachwachsende Rohstoffe getestet, nicht alle davon mit positivem Ergebnis. Damit andere diese Erfahrungen nicht machen müssen, hier einige Kulturen, die nach unseren Erfahrungen für die Biogasnutzung nicht geeignet sind:
Amarant
- Im Projektverlauf zeigten sich Probleme z. B., dass der Inhalt von Versuchs-Durchflussfermentern komplett aufschäumte.
- hoher Wärmebedarf, fehlende Standfestigkeit
- Durchwuchsproblematik durch lange überdauernde dunkle Samen
Sida
- sehr schwer zu etablieren
- Die Pflanzen werden durch einen Schnitt im grünen Zustand geschwächt, während eine Beerntung der abgestorbenen Stängel im Frühjahr zur thermischen/stofflichen Nutzung besser funktioniert.
- Nutzhanf, vor allem Faserhanf
- Hanffasern sind sehr zäh, auch unter Nässe stabil und umwickeln wirklich alles, was sich dreht!
- Mit einem normalen Häcksler nicht beerntbar, man benötigt einen Hanfvollernter und andere Nutzung.
Igniscum und Riesenknöterich
- Diese Pflanzen sind kaum noch von der Fläche zu entfernen!
- Die Bestände sehen üppiger aus als sie ertraglich sind, da die Stängel hohl sind und nur eine geringe Wandstärke haben.
Schnell gelesen (Kurzfassung):
Das Ende Januar 2025 im Bundestag beschlossene Biomasse-Paket eröffnet endlich Zukunftsperspektiven für bestehende Biogasanlagen. Unter anderem wird jedoch der Maisdeckel weiter abgesenkt.
Dr. Maendy Fritz, Spezialistin für Rohstoffpflanzen und Stoffflüsse (Technologie- und Förderzentrum im Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe (TFZ)) gibt Tipps zu Alternativen zum Mais. Sie beschreibt Vor- und Nachteile von
Sorghum für warme Standorte und in maisreichen Regionen
- Wick-Getreide-Gemenge zum Ausnutzen der Winterfeuchtigkeit
- Durchwachsene Silphie für Akzeptanz, Erosions- und Wasserschutz
- Riesenweizengras für sommertrockene Lagen
- Miscanthus-Grünschnitt als zusätzliche Biomasse
Außerdem beschreibt sie die Tücken der Kulturarten, die sich nicht als Biogaspflanzen eignen.