Starkes Konzept: 95 % der Erbse werden vermarktet

Martin Jahn ist Geschäftsführer der Emsland Aller Aqua GmbH in Golßen (Brandenburg), einer Tochtergesellschaft der Emsland Group mit Sitz in Emlichheim (Niedersachsen), dem führenden erbsenverarbeitenden Unternehmen des Landes. Bis dahin war es ein „harter Weg, doch wir sind froh, dass wir ihn gegangen sind.“

Produkte der Erbse
Produkte der Erbse
Zur Emsland Group gehören sieben Standorte in Deutschland, fünf davon verarbeiten ausschließlich Kartoffeln. In Golßen und Emlichheim werden zusätzlich auch Erbsen verarbeitet – und zwar die Ernte von ca. 30.000 Hektar, das sind 42 % aller in Deutschland produzierten Futtererbsen! Europaweit verarbeiten neben der Emsland Group nur noch zwei weitere Unternehmen Erbsen zu Stärke und Eiweiß.


Die Erbse als ideale Ergänzung zur Kartoffel

Kartoffeln liefern zwar eine qualitativ hochwertige Stärke, aber das Protein ist eher schwächer einzustufen. Die Erbse als pflanzlicher Protein- und Stärketräger liefert dagegen hochwertiges Eiweiß und ist daher prinzipiell eine gute Ergänzung zur Kartoffel. Bei der Protein-Vermarktung sind jedoch nicht ausschließlich Proteingehalt und -qualität entscheidend. „Aspekte wie GMO- und Allergenfreiheit, sonstige verwertbare Bestandteile, Preis und Verfügbarkeit oder schlicht das Image sind ebenso wichtig“, zählt Jahn einige weitere wichtige Kriterien auf, die in der Summe eher für die Erbse als für die potenziellen Alternativen wie Soja, Lupine, Ackerbohne u. a. sprechen. Die Erbse hat zudem in dieser Region eine lange Anbautradition.

Geschäftsführer Jahn erläutern die Produkte.
Geschäftsführer Jahn erläutern die Produkte.

2002–2003 wurde dann ein Verfahren entwickelt, bei dem ein Teil der für die Kartoffelverarbeitung verwendeten Kapazitäten für die Erbsen genutzt werden kann. Zunächst gab es aber nur einen verhaltenen Markt für Erbsenprotein: „Erbsenprotein war zunächst nicht so gefragt. Bis ein Fischfutterhersteller aus Dänemark Interesse bekundete. Mit der Gründung des deutsch-dänischen Unternehmens Emsland Aller Aqua GmbH 2006 und dem Bau des Fischfutterwerkes als Hauptabnehmer des Erbseneiweißes hier am Standort Golßen kam der Durchbruch für die Erbsenverarbeitung“, erläutert Jahn den „Siegeszug“ dieser Kultur.


Fast alle Fraktionen sind vermarktungsfähig

95 % der Futtererbse lassen sich vermarkten: Neben dem hochwertigen Protein sind es natürlich die Kohlenhydrate (Stärke) aber auch die Faserstoffe, die im Lebensmittelbereich Verwendung finden.

Landwirte, die Futtererbsen über die Emsland Group vermarkten wollen, sollten diese selbst einlagern können. Ab August beginnt die Kampagne. „Da die Partien in der Regel sortenrein angeliefert werden, können wir sehr gut Sorteneigenschaften ermitteln. Diese Erkenntnisse von Gehalten und Qualitäten in Abhängigkeit von der Sorte sind für uns sehr nützlich, denn daraus leiten wir für die nächste Saison Sortenempfehlungen ab. Empfehlungen, aber keine Vorgaben“, betont Jahn. Proteingehalte schwanken je nach Sorte zwischen 22 und 25 %, Stärkegehalte zwischen 48 und 52 %. Danach sind unter anderem die Sommererbsensorten Navarro, Alvesta, SALAMANCA und ASTRONAUTE gut geeignet (Stand 2018).


Vorgaben der Abnehmer(länder) betreffen auch die Produktionstechnik

Neben den handelsüblichen Anforderungen (Geruch, Farbe, Wassergehalt und Reinheit etc.) legt die Emsland Group darauf Wert, dass bei der Produktion auf einige Pflanzenschutzmittel verzichtet wird. Dies sind zurzeit Mittel mit den Wirkstoffen Fluazifop-P-butyl, Haloxyfop und Tebuconazol. „Diese Wirkstoffe sind in den Ländern, in die wir liefern, teilweise verboten und daher würde eine Anwendung nicht akzeptiert werden“, lautet die Erklärung. „Die Produzenten schränkt das aber nicht ein, denn es gibt ausreichende Alternativen. Wir brauchen Pflanzenschutz, um das die geforderte Reinheit für die Endprodukte sicher zu erfüllen. Denn darauf legen alle Abnehmer sehr großen Wert!“


Transparente Preisgestaltung

Die Emsland Group bietet den Landwirten derzeit 1- und 3-Jahresverträge mit festen Konditionen an. Mindestens so wichtig wie ein fairer Preis ist den meisten Lieferanten aber die ggf. über drei Jahre vertraglich garantierte Vermarktungssicherheit und damit die Planungssicherheit. Aus tragfähigen und langfristigen Geschäftsbeziehungen profitieren dann alle Beteiligten.


Vermarktungsargument: „Made in Germany“

93 % der Rohware stammt am Standort Golßen aus den östlichen Bundesländern, der Standort Emlichheim bezieht seine Ware auch aus Süddeutschland. Wenige Prozente stammen aus Tschechien, Polen und Frankreich. „Der deutsche Erbsenanbau hat im Ausland einen Top-Ruf. Und auch unser Qualitätsmanagement genießt großes Ansehen bei den großen ausländischen Abnehmern, die sehr strenge Audits durchführen“, erklärt der Geschäftsführer. „Made in Germany“ ist also bei Erbsenprodukten ein sehr gutes Verkaufsargument und auch die GMO-Freiheit der hier produzierten Ware wird bei vielen Käufern immer wichtiger.


Zusammensetzung der Erbse
Zusammensetzung der Erbse

Da steckt Erbse drin!

Aus 95 % der Rohware werden vermarktungsfähige Produkte, nämlich Erbsenstärke, Erbsenprotein, Erbsenfaser und PL (Pea Protein Liquid). Die Erbsenstärke zeichnet sich u. a. durch hohe Gelbildung, einen hohen Amylosegehalt von 35 %, sowie eine hohe Stabilität bei Säure-, Scher- und Hitzeeinwirkung aus. Sie wird für die Herstellung von Backwaren und Dauerbackwaren, Süß­waren, Instantgerichten, Glasnudeln etc. und sogar für umweltfreundliche Produkte der Wasseraufbereitung, Filtertechnologie und Verpackungsmaterial verwendet! Bei einigen Produkten ist nicht modifizierte Erbsenstärke sogar der hochwertigen Kartoffelstärke überlegen. Das Erbseneiweiß ist reich an den Aminosäuren Lysin und anderen essenziellen Aminosäuren, es ist gut verdaulich und bekömmlich. Damit eignet es sich hervorragend als Futtereiweiß für die Mast von Warmblütern und Fischen, aber auch für die menschliche Ernährung. Das Unternehmen stellt Empro® E86 Erbsenproteinisolat her. Dieses findet z. B. Verwendung in Proteinriegeln und Sportlernahrung, in milch- und glutenfreien Produkten und bei der Herstellung von Fleischersatzprodukten.

Bei der Fraktion der Erbsenfasern unterscheidet man zwei verschiedene Qualitäten.

  1. EmfibrePH 1000 hat einen sehr geringen Stärke- und Proteingehalt und ein hohes Wasserbindungsvermögen von dem 3–5-Fachen des Eigengewichtes. Es dient als Ballaststoff für Tierfutter.
  2. EmfibreEF 200 ist ebenfalls ein wertvoller Ballaststoff mit einem Wasserbindungsvermögen von bis zum 8–10-Fachen des Eigengewichtes. Das Produkt ist geschmacksneutral und weit­gehend frei von Zucker und Fetten. EmfibreEF 200 wird bevorzugt zur Anreicherung von Teig- und Nudelprodukten, Snacks, Cerealien und Formfleischprodukten eingesetzt.

Die Zukunft

Der Vertragsanbau ist zzt. für Landwirte interessant und auch die Nachfrage nach den Endprodukten steigt eher, als dass sie rückläufig ist. „Der Weltmarkt ist sehr schwer prognostizierbar“, weiß Jahn. „Aber da mit Erbsenprotein sich die Fleischfaserung hervorragend imitieren lässt, wird das Marktsegment Fleischalternativen wahrscheinlich wachsen. Vermutlich gilt das auch für die Herstellung von Verpackungsmaterial mit pflanzlichen Komponenten. Wir wollen daher nicht nur die Prozesse optimieren, sondern auch zusätzliche Kapazitäten schaffen.“

Jan Böse und Dr. Anke Boenisch


Schnell gelesen (Kurzfassung):

Die Ernte von ca. 30.000 Hektar Erbsenanbaufläche, das sind 42 % aller in Deutschland produzierten Futtererbsen, wird von der der Emsland Group an den Standorten Golßen oder Emlichheim verarbeitet.

Das ist dem Kunden wichtig: Aspekte wie GMO- und Allergenfreiheit, sonstige verwertbare Bestandteile, Preis und Verfügbarkeit spielen für den Verarbeiter eine große Rolle - ebenso wie das Image dieser Kultur bei den Endverbrauchern. Für diese wird zudem das Argument der regionalen Erzeugung immer wichtiger.

Dabei wird fast alles von der Erbse für die Lebensmittelproduktion verwertet: Neben dem hochwertigen Protein, die Kohlenhydrate (Stärke) aber auch die Faserstoffe.  Insgesamt sind 95 % der Futtererbse verwendbar!

Die Emsland Group arbeitet mit mehrjährigen Anbauverträgen. Die Nachfrage zum Vertragsanbau seitens der Landwirte ist zzt. groß und auch die Nachfrage nach den Endprodukten steigt eher, als dass sie rückläufig ist. Denn Märkte wie Fleischalternativen aber auch Verpackungen aus pflanzlichen Materialien wachsen weiter! Gute Aussichten für die Erbse!