Zuschläge für Qualitätsweizen – so sind sie auch in Zukunft erreichbar!

Zuschläge für Qualitätsweizen – so sind sie auch in Zukunft erreichbar!

Seit mehreren Jahren sind die Rohproteingehalte des Weizens in Deutschland rückläufig – mit einem historischen Tiefststand in 2024 (11,4 % lt. Max Rubner-Institut). Franz Unterforsthuber, Fachberater für Bayern, sieht jedoch realistische Möglichkeiten, trotz Düngeverordnung und suboptimalen Witterungsverläufen Qualitätsweizen zu produzieren.

Vor allem das Trockenjahr 2023 und das sehr nasse Jahr 2024 sind in den Proteinwerten deutlich abgefallen. Durch die Einschränkungen der Düngeverordnung ist die N-Aufnahme des Weizens stark auf eine gute Nachlieferung der Böden angewiesen. Diese war 2023 durch extremen Wassermangel während der Kornfüllung und 2024 durch Wasserüberschuss in dieser Zeit sehr eingeschränkt. Sauerstoffmangel verursacht N-Verluste durch Denitrifikation anstatt der gewünschten N-Bereitstellung durch Nitrifikation (s. auch praxisnah 1/25, S. 4 ff).


Entwicklung RP-Gehalte
Entwicklung RP-Gehalte


Der Standort muss liefern

Da das Wetter nicht zu ändern ist, müssen wir die Böden besser auf diese Extreme vorbereiten. Die Regelung des Luft-, Wasser- und Nährstoffhaushaltes gelingt nur über eine durch Lebendverbauung stabilisierte Bodenstruktur. Grundvoraussetzung sind durch ausreichende Kalkversorgung geschaffene stabile Ton-Humus-Komplexe über Ca-Brücken. Diese werden durch Wurzelausscheidungen wachsender Pflanzen und den damit ernährten Bakterien und deren Schleim zu Mikroaggregaten verbunden, die wiederum durch Feinwurzeln und u. a. Pilzgeflechte zu stabilen Makroaggregaten vergrößert werden. Regenwürmer vervollständigen den Prozess, sorgen für witterungsstabile Bodenkrümel, lockern die Böden, schließen Nährstoffe auf und stellen sie so dem Weizen zur Verfügung. Im Gegensatz zum Humusgehalt ist dieser Prozess in vergleichsweise kurzer Zeit über organische Düngung positiv zu beeinflussen. Regenwurmgänge sind einerseits „Wurzelautobahnen“ in die Tiefe und damit in Trockenjahren hilfreich. Andererseits sind es aber auch Drainagen, die nach Feuchteperioden wieder schneller Luft in den Boden bringen (s. Bilder). Zwischenfrüchte sind zum Schutz der Böden und zur Förderung des Bodenlebens ein wesentlicher Bestandteil in der Fruchtfolge.


Regenwurmgänge
Regenwurmgänge

lockerer Boden unter Zwischenfrüchten
lockerer Boden unter Zwischenfrüchten


Fruchtfolge sollte positive N-Bilanz haben

Nur gut „gefütterte“ Böden mit hohem Nachlieferungspotenzial sind in der Lage, ausreichend Stickstoff für Ertrag und Qualität zu liefern. Für einen langfristig positiven Fruchtfolgeeffekt brauchen stickstoffzehrende Kulturen wie Silomais und Zuckerrüben stickstoffmehrende wie Raps oder Leguminosen zum Ausgleich der N-Bilanz (Tab. 1).

Wenn die Bilanz in der Fruchtfolge negativ ist, werden die Ansprüche an die Zwischenfrüchte höher. Nur hochwertige Mischungen mit einem hohen Anteil großkörniger Leguminosen (z. B. viterra® BODENGARE) sind in der Lage, über ein enges C/N-Verhältnis den Pflanzen die Nährstoffe wieder schnell zur Verfügung zu stellen. Bei einer ausgeglichenen bzw. positiven Bilanz sind die Anforderungen geringer. Dabei ist es nicht entscheidend, dass die Mischung möglichst viele Komponenten enthält, vielmehr ist es wichtig, dass die Komponenten nach Bedarf – also je nach Zielsetzung – zusammengesetzt sind.

Die beste Voraussetzung zur Erzeugung von Qualitätsweizen bieten also tiefgründige Standorte mit regelmäßiger organischer Düngung und eine Fruchtfolge mit positiver N-Bilanz.


Fruchtfolgeeffekt - N-Bilanz
Fruchtfolgeeffekt - N-Bilanz


Vorfruchteffekte sind ebenfalls entscheidend für die Weizenqualität

Auch der unmittelbare Vorfruchteffekt beeinflusst die Bestandsführung und ist für die Qualitätsweizenproduktion entscheidend. Geeignete Vorfrüchte wie Raps, Leguminosen und auch Kartoffeln führen zu einer stärkeren Anfangsentwicklung. Die Andüngung kann ohne negative Ertragsauswirkung reduziert werden und es bleibt mehr Stickstoff für eine qualitätsbetonte Spätdüngung übrig. Für die Proteinbildung muss nach der Blüte dem Weizen ausreichend Stickstoff zur Verfügung stehen. Dies kann auch mit einer flüssigen N-Düngung (10–15 kg N/ha z. B. über Harnstoff) in dieser Zeit unterstützt werden.


Reaktion der Sorten auf verringerte N-Düngung
Reaktion der Sorten auf verringerte N-Düngung

Entwicklung der Marktpreise
Entwicklung der Marktpreise


Standort und Qualitätsprämien bestimmen die Sortenwahl

In produktionstechnischen Versuchen der Saaten-Union wird durch reduzierte Düngung eine um 30 % schwächere N-Verfügbarkeit simuliert (s. Abb. 2 und 3). Ziel des Versuches ist es unter anderem herauszufinden, ob und welche Sortenunterschiede in der Reaktion auf die reduzierte Düngung bestehen. Erwartungsgemäß falle alle Sorten in Ertrag und Qualität ab und Qualitätsgrenzen werden häufig nicht mehr erreicht.

Neben der N-Verfügbarkeit des Standorts beeinflusst die Qualitätsprämie die Wahl der richtigen Sorte. Die von der LfL ausgewiesenen Preise zeigen die letzten Jahre einen Anstieg. 2024 gleichen die Prämien für A-Weizen gegenüber B-Weizen deutliche Mindererträge von ca. 15 % aus, von B- zu Futterweizen nochmal ca. 10 %.

Im Falle schwacher Nährstoffnachlieferung und niedriger Qualitätszuschläge macht es mehr Sinn, auf ertragsstarke B-Weizen zu setzen. In den oben erwähnten Versuchen wäre SU HORIZON ein solcher Sortentyp. Die Düngeverordnung erlaubt beim B-Weizen eine um 20 kg N/ha höhere Dünung gegenüber dem C-Weizen. Der Ertrag kann so bei dem frühen Kompensationstyp – zusammen mit der sehr guten Blattgesundheit – besser ausgereizt werden.

C-Weizen realisieren bei hoher Nachlieferung durch regelmäßige organische Düngung hohe Erträge mit wenig Protein, was als Futterweizen zur Erlangung stickstoffärmerer Güllen durchaus erwünscht ist (im o. g. Beispiel SU SHAMAL).

Will man höhere Erträge produzieren und sich trotzdem die Tür zum Erreichen von Backqualitäten (>12 % RP) offenhalten, sollte die Wahl auf proteinstärkere B-Weizen wie SU TAMMO fallen. Der früh blühende Einzelährentyp mit langer Kornfüllung beweist im LSV Bayern 2024 die höchste N-Effizienz aller geprüften B-Weizen. Auch ertragsstärkere A-Weizen mit erhöhten Proteinwerten wie SU JONTE liefern meist ausreichende Qualitäten.

Für sehr hohe Qualitäten (>13 % RP) müssen im Ertrag Abstriche gemacht werden, denn trotz allen Zuchtfortschrittes bleiben Ertrag und Rohprotein insgesamt negativ korreliert.

Die Sorte mit der höchsten N-Effizienz und dem höchsten Proteingehalt aller A-Weizen in den bayerischen LSV 2024 ist SU Magnetron. Auch in den LSV anderer Bundesländer lieferte diese Sorte Proteingehalte, die oft über denen der mitgeprüften E-Weizen lagen. Allerdings braucht dieser frühere Korndichtetyp für ansprechende Erträge eine nicht zu späte Aussaat.

Für spätere Aussaaten eignen sich spätere Kompensationstypen mit guter Kornausbildung. Neu in dem in Deutschland verfügbaren Sortiment ist die EU-Sorte PONTIFORM (E), die Erträge auf dem Niveau von A-Weizen erreichen kann. Ein zusätzlicher Vorteil ist, dass nach der Düngeverordnung E-Weizen um 30 kg/ha Stickstoff höher gedüngt werden darf. Vor allem in roten Gebieten ist dies zur Absicherung der Qualität von Bedeutung.


Zusammenfassung

Mit Einführung der Düngeverordnung und auftretenden Witterungsextremen der letzten Jahre verliert der Weizen zunehmend an Qualität. Jetzt kommt es vermehrt auf das Nachlieferungsvermögen der Böden an. Unter Beachtung einer ausgewogenen Fruchtfolge muss viel für eine stabile Bodenstruktur mit hoher biologischer Aktivität getan werden, um eine hohe Nährstoffaufnahme zu gewährleisten. Qualität wird wieder besser bezahlt und die Sortenwahl entsprechend ausgerichtet. Mit neuen Weizensorten mit hohen Rohproteingehalten und hoher N-Effizienz hat man eine realistische Chance, bei vernünftigen Erträgen in den Genuss von Qualitätszuschlägen zu kommen.


Schnell gelesen (Kurzfassung):

Die Proteinwerte sind in den Jahren 2023 und 2024 auch aufgrund extremer Wetterbedingungen gesunken. Die N-Aufnahme des Weizens hängt stark von der Beschaffenheit der Böden ab, daher müssen Böden besser auf extreme Wetterlagen (Dürre aber auch Starkregen) vorbereitet werden. Eine durch Lebendverbauung stabilisierte Bodenstruktur ist hier entscheidend. Dies erfordert stabile Ton-Humus-Komplexe und eine ausreichende Kalkversorgung, die durch das Wurzelausscheiden der Pflanzen unterstützt wird. 
Die Nutzung von Zwischenfrüchten ist wichtig, um die Böden zu schützen und das Bodenleben zu fördern. Eine gute Fruchtfolge mit stickstoffmehrenden Kulturen ist nötig, um eine positive N-Bilanz zu erreichen. Hohe Nachlieferungspotenziale in den Böden sind wichtig für Ertrag und Qualität des Weizens. Bei einer negativen Bilanz sind die Anforderungen an Zwischenfrüchte höher.




Die besten Bedingungen für Qualitätsweizen bieten tiefe Standorte mit regelmäßiger organischer Düngung und positiver N-Bilanz in der Fruchtfolge. Für Qualitätsweizen geeignete Vorfrüchte sind z. B.  Raps oder Leguminosen. 
Die Sortenwahl sollte auch die N-Verfügbarkeit und die möglichen Qualitätsprämien berücksichtigen.  Es ist wichtig, die richtige Sorte abhängig von dem gewünschten Qualitätsniveau und den örtlichen Bedingungen auszuwählen. Ideal sind Sorten, die über eine hohe N-Effizienz gute Qualitäten bei vergleichsweise guten Erträgen erzielen.
Um hohe Qualitäten zu erreichen, müssen oft Abstriche bei den Erträgen gemacht werden. Einige neue Sorten wie SU Magnetron zeigen sehr gute Resultate in N-Effizienz und Proteingehalt. 




Insgesamt erfordert die Erzeugung von Qualitätsweizen Anpassungen an die Düngevorschriften und eine solide Bodenstruktur. Mit den richtigen Strategien und Sorten ist es jedoch möglich, qualitativ hochwertigen Weizen mit fairen Preisen zu produzieren.