Biostimulanzien: Sinnvolles Werkzeug für mehr Resilienz!

Biostimulanzien: Sinnvolles Werkzeug für mehr Resilienz!

Die Landwirtschaft steht vor einem systemischen Wandel: Durch agrarpolitische Vorgaben, extreme Wetter­er­eignisse, Wasser- und Bodenknappheit sowie zunehmendem Krankheits- und Schädlingsbefall wächst weltweit der Bedarf an wirksamen Verfahren für eine effiziente und zukunftsfähige Agrarproduktion. Können Biostimulanzien eine Teillösung sein für mehr Bodenfruchtbarkeit, Biodiversität und Pflanzengesundheit? Jan Ritter, SeedForward GmbH, erklärt Wirkungsweisen und potenziellen Nutzen.

Der Einsatz von Biostimulanzien und dessen Mehrwerte werden auf Fachveranstaltungen und in Fachzeitschriften kontrovers diskutiert. Es gibt eine Fülle an Produkten, die alle sehr viel versprechen. Aber haben sie wirklich einen Nutzen und was ist über die Wirkmechanismen bekannt?

Biostimulanzien können laut Definition entweder lebende Mikroorganismen, Pflanzenextrakte oder auch besondere Gesteinsmehle umfassen. Der Begriff ist also sehr weit gefasst und der Überblick geht schnell verloren. Daher ist es unmöglich, diese Substanzen in ihrer Wirkungsweise und ihren Potenzialen über einen Kamm zu scheren.


rechts mit Grainforce®, links ohne
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Biostimulanzien: keine neue Erfindung

Laut Definition ist eine Pflanzenbiostimulanz ein Düngeprodukt, das pflanzliche Ernährungsprozesse unabhängig vom Nährstoffgehalt stimuliert, wobei es ausschließlich auf verbesserte Pflanzenmerkmale abzielt: effizientere Nährstoffverwertung, Toleranz gegenüber abiotischem Stress oder Qualitätsmerkmale der Kulturpflanze (Quelle: BMEL). Somit ist es weder ein Düngemittel noch ein Pflanzenschutzmittel. Es handelt sich hier definitiv nicht um etwas gänzlich Neues. Schon lange gibt es Produkte im Bereich der Bodenhilfsstoffe, Pflanzenhilfsmittel und Pflanzenstärkungsmittel. Aufgrund strengerer Düngemittelverordnungen und des Wegfalls chemischer Pflanzenschutzmittelwirkstoffe treten diese Produkte vermehrt in den Vordergrund. Die neue europäische Düngemittelverordnung sieht sogar eine eigene Produktkategorie für Biostimulanzien vor.


Viele Biostimulanzien setzen am/im Boden an

Generell steht die Landwirtschaft vor großen Herausforderungen, angesichts der schon erwähnten strikteren Regularien, aber auch der witterungsbedingt zunehmend erschwerten Anbaubedingungen. Biostimulanzien können unter diesen Gesichtspunkten ein wichtiger Baustein für die Zukunft sein. Besonders in den zurückliegenden schwierigen Jahren wurden in der Praxis oft positive Erfahrungen mit Pflanzenbiostimulanzien gemacht. Zum Teil als Boden- oder Blattapplikation, aber auch gezielter als Saatgutbehandlung. Kombiniert man diese Produkte mit z. B. einer nachhaltigeren Bodenbearbeitung, weiteren Fruchtfolgen und allgemein bodenverbessernden Maßnahmen, können die Erträge auch unter schwierigen Bedingungen abgesichert werden. Das Thema Boden und insbesondere Bodenqualität ist von zentraler Bedeutung und genau dort setzen die meisten Biostimulanzien an.

Zum einen werden Bodenmikroorganismen gefördert oder zugegeben, um Nährstoffe zu mobilisieren, Humus aufzubauen oder die Besiedelung der Wurzelzone durch schadhafte Mikroorganismen zu verhindern. Zum anderen fördern viele Biostimulanzien die Wurzelentwicklung, denn die Wurzelausprägung ist für die Ertragsbildung und Pflanzengesundheit ungemein wichtig. Unter trockenen Bedingungen kann ein verbesserter Wurzelapparat große Vorteile mit sich bringen. Des Weiteren können Biostimulanzien zum Teil direkt in die Stoffwechselvorgänge der Pflanze eingreifen: zum Beispiel über eine erhöhte enzymatische Aktivität, eine verbesserte Pflanzensaftzusammensetzung oder Nährstoffaufnahme.


In der neuen EU-Düngeproduktverordnung (VERORDNUNG (EU) 2019/1009) werden Pflanzen-Biostimulanzien in zwei Kategorien aufgeteilt:

1. Mikrobielles Pflanzen-Biostimulanz

2. Nicht mikrobielles Pflanzen-Biostimulanz


Mikrobielle Pflanzen-Biostimulanzien

rechts mit Grainforce®, links ohne
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Hierzu zählen unter anderem Rhizobien, Mykorrhiza-Pilze und frei lebende stickstofffixierende Bakterien (Azotobacter spp., Azospirillum spp.). Jedoch gibt es noch eine Vielzahl an Mikroorganismen, die von dieser Verordnung derzeit nicht erfasst werden. Die Wirkmechanismen der gängigen pflanzenwachstumsfördernden Bakterien und Pilze sind bekannt und wissenschaftlich bewiesen. Mikroorganismen in der Rhizosphäre sind jedoch von Umwelteinflüssen und Nährstoffverfügbarkeiten abhängig. Eine Garantie für eine erfolgreiche Etablierung und eine Symbiosebildung mit der Kulturpflanze kann es also nicht geben. Außerdem kann man aufgrund der komplexen Zusammenhänge im Bodenmikrobiom die Wechselwirkungen mit den natürlich vorkommenden Mikroorganismen-Gesellschaften nicht genau vorhersagen.


Nicht mikrobielle Pflanzen-Biostimulanzien

Diese Kategorie umfasst eine noch größere Vielfalt, welche man zusätzlich in organische und anorganische Substanzen unterteilen könnte. Hierzu zählen Pflanzen, Pflanzenteile oder Pflanzenextrakte, Huminstoffe, Gesteinsmehle (ohne Düngewirkung) und Reststoffe. Diese Vielfalt lässt einheitliche Aussagen nicht zu. Auch aus wissenschaftlicher Sicht besteht in diesem Bereich noch viel Arbeit, um alle Wirkmechanismen aufzuzeigen und zu verstehen. Da es sich in den meisten Fällen um natürliche Substanzen handelt, die natürlichen Schwankungen der Wirkstoffe unterliegen und unterschiedlich aufgereinigt und extrahiert werden können, wird die Beweisführung noch komplexer und schwieriger. Die große Herausforderung, speziell mit organischen, nicht mikrobiellen Pflanzen-Biostimulanzien, ist die Standardisierung dieser Stoffe und Stoffgemische. Selbst der Erntezeitpunkt von z. B. Meeresalgen kann einen großen Einfluss auf die Qualität des Endproduktes haben. Einige Produkte in dieser Kategorie können hormonähnliche Wirkungen haben und/oder in den Enzym- und Hormonstoffwechsel eingreifen. Wiederum andere Wirkstoffgruppen fördern die mikrobielle Aktivität in der Wurzelzone und sorgen somit für eine verbesserte Nährstoffverfügbarkeit.


Effekte vor allem bei abiotischem Stress

Diese Komplexität spiegelt sich auch im Versuchswesen rund um (mikrobielle und nicht mikrobielle) Biostimulanzien wider. Oft können im klassischen Versuchswesen keine oder wenige Effekte beobachtet werden. Deshalb müssen die Versuchsdesigns sorgfältig durchdacht und geplant werden. Generell gilt, dass man Biostimulanz-Effekte vor allem unter abiotischen Stressbedingungen beobachten kann. Wichtige Einflussfaktoren neben der Art der Biostimulanz sind das zeitliche Auftreten von Stressoren, die Art des Stresses (Salz, Wasser, Nährstoffmangel etc.) und Art und Sorte der Kulturpflanze.


Fazit

Biostimulanzien haben für den Ackerbau erhebliches Potenzial. Die Landwirtschaft befindet sich im Umbruch und braucht einen neuen „Werkzeugkasten“, um die Kulturführung resilienter zu gestalten. Das bedeutet, dass sich auch unter ökonomischen Gesichtspunkten der Einsatz von hochwertigen Biostimulanzien für die Landwirte und Landwirtinnen rechnen kann.

Weitere Informationen finden Sie auch in dem Artikel Neue Biostimulanz GRAINFORCE® für Hybridgetreide!

Fotos: KFW, Thorston Futh, SeedForward


Schnell gelesen (Kurzfassung):

Biostimulanzien können entweder lebende Mikroorganismen, Pflanzenextrakte oder auch besondere Gesteinsmehle umfassen. Daher ist es unmöglich, diese Substanzen in ihrer Wirkungsweise und Potenziale einheitlich zu beschreiben. Laut Definition ist eine Pflanzen-Biostimulanz ein Düngeprodukt, das pflanzliche Ernährungsprozesse unabhängig vom Nährstoffgehalt stimuliert, wobei es ausschließlich auf verbesserte Pflanzenmerkmale abzielt: effizientere Nährstoffverwertung, Toleranz gegenüber abiotischem Stress oder Qualitätsmerkmale der Kulturpflanze (Quelle: BMEL)


Mögliche Wirkungsweisen von Biostimulanzien

Förderung oder Zugabe von Bodenmikroorganismen (Mobilisierung von Nährstoffen, Humusaufbau, Reduzierung von schadhaften Mikroorganismen in der Wurzelzone)
Förderung der Wurzelentwicklung (Verbesserung der Nährstoffaufnahme, Wassereffizienz)
Eingreifen in Stoffwechselvorgänge (erhöhte enzymatische Aktivität, verbesserte Pflanzensaftzusammensetzung oder Nährstoffaufnahme)


Nach der neuen EU-Düngeproduktverordnung (VERORDNUNG (EU) 2019/1009) werden Pflanzen-Biostimulanzien in zwei Kategorien aufgeteilt:

1. Mikrobielle Pflanzen-Biostimulanzien:

  • unter anderem Rhizobien, Mykorrhiza-Pilze und freilebende stickstofffixierende Bakterien
  • Die Wirkmechanismen der gängigen pflanzenwachstumsfördernden Bakterien und Pilze sind bekannt und wissenschaftlich bewiesen, unterliegen jedoch stark den Umweltbedingungen.

 

2. Nicht mikrobielle Pflanzen-Biostimulanzien:

  • Pflanzen, Pflanzenteile oder Pflanzenextrakte, Huminstoffe, Gesteinsmehle (ohne Düngewirkung) und Reststoffe
  • Nicht alle Wirkungsmechanismen sind erforscht.
  • Wirkung kann extrem schlecht prognostiziert werden, da es sich in den meisten Fällen um natürliche Substanzen handelt, die natürlichen Schwankungen der Wirkstoffe unterliegen und unterschiedlich aufgereinigt und extrahiert werden.
  • Einige Produkte in dieser Kategorie können hormonähnliche Wirkungen haben und/oder in den Enzym- und Hormonstoffwechsel eingreifen.

Pflanzen-Biostimulanzien haben für den Ackerbau erhebliches Potenzial. Die Landwirtschaft befindet sich im Umbruch und baucht einen neuen „Werkzeugkasten“, um die Kulturführung resilienter zu gestalten. Das bedeutet, dass sich auch unter ökonomischen Gesichtspunkten der Einsatz von hochwertigen Biostimulanzien für die Landwirte und Landwirtinnen rechnen kann.