
Die Herbizidbehandlung im Herbst hat im Wintergetreide permanent an Bedeutung gewonnen. In der Wintergerste musste schon immer bereits im Herbst eine Unkrautkonkurrenz ausgeschaltet werden. Früh gesäte Winterweizen bzw. September-Weizen haben inzwischen einen gleichen Anspruch. Klaus Gehring, LfL / Institut für Pflanzenschutz, über aktuelle Möglichkeiten der Herbstbehandlung.
Der Behandlungsschwerpunkt im Herbst liegt bei der Ungrasregulierung. Bei der Bekämpfung von Ackerfuchsschwanz und Windhalm ist die Bekämpfungsleistung und das Resistenzmanagement dabei von gleichwertiger Bedeutung. Windhalm kann im Herbst mit Bodenherbiziden sehr erfolgreich bekämpft werden. Hierdurch kann auf eine stark resistenzgefährdete oder bereits nicht mehr ausreichend wirksame Frühjahrsbehandlung mit Sulfonylharnstoffen verzichtet werden. Bei Ackerfuchsschwanz geht es dagegen in der Regel um eine Vorbehandlung und Unterdrückung der Entwicklung, um die Bekämpfungsleistung der Frühjahrsbehandlung abzusichern.
In allen Fällen ist der Einsatz von bodenaktiven Herbst-Herbiziden ein wesentlicher Baustein im Resistenzmanagement und dient dem Schutz der stark resistenzgefährdeten Wirkstoffe aus der Gruppe der ACCase- (HRAC 1) und ALS-Hemmer (HRAC 2).
Flufenacet – wie geht es weiter?
Seit 20 Jahren ist Flufenacet der bedeutendste Basiswirkstoff für die Herbstbehandlung im Getreidebau. Diese Ära geht jetzt allerdings zu Ende. Mit der EU-Verordnung vom 20. Mai 2025 wurde die Genehmigung von Flufenacet nicht mehr erneuert. Abverkaufsfristen gehen, je nach Präparat, von Dezember 2025 bis Juni 2026. Die Aufbrauchfristen enden spätestens zum 10. Dezember 2026. Danach sind flufenacethaltige Präparate
entsorgungspflichtig. Soweit verfügbar ist damit die letzte Anwendung im Herbst 2026 möglich. Es besteht allerdings noch ein unkalkulierbares Restrisiko, indem Umweltschutzverbände juristischen Einspruch gegen eine nochmalige Verwendung einlegen. Egal wie es kommt, die Praxis muss sich mit alternativen Behandlungskonzepten ohne Flufenacet beschäftigen.
Die Sorge, dass ohne Flufenacet eine Ungrasbekämpfung nicht mehr möglich wäre, ist definitiv unbegründet!
Ein Vergleich auf Basis von umfangreichen Feldversuchen zeigt zwar einen leichten Bekämpfungsvorteil von Flufenacet-Behandlungen gegen Ackerfuchsschwanz (Abb. 1), alternative Wirkstoffe wie Pendimethalin, Chlortoluron (CTU) und Prosulfocarb sind jedoch gleichwertig. Auch der Vergleich der bisherigen Standard-Kombinationen aus Herold® + Boxer® zeigt keinen Leistungsunterschied gegenüber Stomp-Kombinationen.
Alternativen je nach zu bekämpfendem Ungras
Tab. 1 ist eine Übersicht der aktuellen Herbst-Herbizide, die kein Flufenacet enthalten. Mit 20 unterschiedlichen Präparaten ist die Palette immer noch relativ umfangreich. Im Vergleich der Wirkungsprofile fällt auf, dass eine gute bis sichere Bekämpfung von Ackerfuchsschwanz nur von blattaktiven Präparaten (HRAC 1 und 2) zu erwarten ist. Diese Mittel sind jedoch Sonderlösungen wie etwa Niantic® gegen Trespen im Weizen oder die ACCase-Hemmer Axial®, Sword® und Traxos® für Tankmischungen oder Herbst-Spritzfolgen gegen bereits weit entwickeltem Ackerfuchsschwanz. Für eine bodenaktive und resistenzvermeidende Bekämpfung von Ackerfuchsschwanz stehen die Wirkstoffe Aclonifen, Chlortoluron, Pendimethalin und Prosulfocarb zur Verfügung. Mit Ausnahme von Aclonifen (Mateno® Duo) haben die entsprechenden Präparate zwar eine Indikation zur Bekämpfung von Ackerfuchsschwanz, die Bekämpfungsleistung der Einzelpräparate ist jedoch relativ begrenzt. Für eine ausreichende Regulierungsleistung sind daher Kombinationen aus jeweils zwei dieser Wirkstoffe/Präparate notwendig. Präparate mit Diflufenican als Zusatzwirkstoff können die Gräserwirkung unterstützen.
Bei Kombinationen Gewässerschutz und Kulturverträglichkeit beachten
Da in der Ära von Flufenacet kein Bedarf für derartige Tankmischungen bestand, liegen dazu wenig aktuelle Versuchserfahrungen vor. Die Versuchspläne der Pflanzenschutzdienste wurden in der Regel erst im Herbst 2024 auf flufenacetfreie Prüfvarianten umgestellt. Aus quasi „historischen“ Erfahrungen können jedoch bestimmte, leistungsfähige Kombinationen abgeleitet werden:
- Pendimethalin + Prosulfocarb z. B.: Addition® oder Stomp® Aqua + Boxer® oder Jura®Max mit 2,5 + 2 – 3,0 I/ha,
- Pendimethalin oder Prosulfocarb + CTU
- z. B.: Stomp® Aqua + Carmina® 640 mit 2,5 + 2-2,5 I/ha,
- oder Addition® + Lentipur® mit 2,5 + 2–2,5 I/ha,
- oder Jura®Max + Lentipur® mit 2,5 + 2–2,5 I/ha
- oder Fantasia® Gold + Carmina® 640 mit 2,5 – 3,0 + 2 – 2,5 I/ha.
Neuartige Tankmischungsmöglichkeiten wie Boxer® + Mateno® Duo (2,5 – 3,0 + 0,35 l/ha), Boxer® + Trinity® (2,5 – 3,0 + 2,0 l/ha) oder Jura®Max + Beflex® (3,0 + 0,5 l/ha) befinden sich aktuell in der Versuchsprüfung und können noch nicht abschließend bewertet werden.
Für geeignete Kombinationen sind zusätzlich die Zulassungen in den einzelnen Getreidearten und die Anwendungsbestimmungen zum Schutz von Gewässern und Nicht-Zielflächen zu beachten. CTU-haltige Präparate können z. B. nicht auf drainierten Flächen eingesetzt werden. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Verdunstungsneigung von Pendimethalin und Prosulfocarb. Die Einhaltung der spezifischen Schutzauflagen zur Minimierung von Verdunstung und Deposition haben höchste Priorität, auch wenn sie bei einzelnen Präparaten (Fantasia® Gold, Jura®Max) nicht vorliegen. Falls bei der Anwendung im Umfeld noch andere Kulturen zur Ernte anstehen, sollte die Behandlung soweit möglich bis nach deren Ernte verschoben werden.
Letztlich ist bei diesen alternativen Kombinationen auch noch die Kulturverträglichkeit ein nicht unwichtiger Faktor. Für frühe Anwendungen im Vorauflauf sind eine feinkrümelige Saatbettbereitung und eine exakte Saatgutablage unverzichtbar. Bei noch groben Bodenbedingungen ist ein Walzen nach der Saat und vor der Behandlung durchaus sinnvoll. Bei leichten, durchlässigen Böden kann die Aufwandmenge um ca. 15 – 30 % reduziert werden, um einen Herbizidstress der Getreidesaat zu vermeiden.
Windhalm ist kein Problemfall
Flufenacet wurde zwar mit z. B. 0,4 I/ha Herold® auch erfolgreich zur sicheren Bekämpfung von Windhalm eingesetzt, es stehen aber weiterhin leistungsfähige, alternative Breitbandherbizide für die Herbstbehandlung zur Verfügung. Bereits erfolgreich geprüfte Lösungen sind z. B.:
- Jura® Max 3,5 – 4,0 I/ha,
- Boxer® + Alliance® 2,5 – 3,0 l + 60 g/ha,
- Carmina® 640 + BeFlex® 1,5 + 0,3 I/ha oder
- Trinity® 2,0 I/ha.
Auch zur Windhalm-Bekämpfung werden neue Prüfvarianten in Feldversuchsprogrammen der Pflanzenschutzdienste aufgegriffen, für die noch keine mehrjährigen Ergebnisse vorliegen. Der Hauptansatz liegt hierbei auf dem Verzicht oder auf der Reduktion von Pendimethalin und Prosulfocarb, um das Verdunstungsrisiko zu vermeiden bzw. zu reduzieren. Beispiele für derart neue Tankmischungslösungen sind Xerton® + BeFlex® (0,6 + 0,5 l/ha), Sumimax® + Diflanil® 500 SC (60 g + 0,25 l/ha), Boxer® + Mateno® Duo (1,5 + 0,35 l/ha) oder Jura® Max + BeFlex® (1,5 – 2,0 + 0,5 l/ha).
Zukunftsperspektive
Die Notwendigkeit und Abhängigkeit von den „alten“ Wirkstoffen CTU, Pendimethalin und Prosulfocarb, die durchaus Haken und Ösen haben, wird voraussichtlich bis 2026 andauern. Ab dem Herbst 2027 kann mit den beiden neuen Wirkstoffen Cynmethylin und Bixlozone als Notfallzulassung in begrenzten Umfang oder als reguläre Zulassung gerechnet werden. Für kleine Getreidearten wie Dinkel und Durum kann es aber durchaus sein, dass weiter nur die „Altwirkstoffe“ zur Verfügung stehen.
Schnell gelesen (Kurzfassung):
Die Bedeutung der Herbizidbehandlung im Herbst für Wintergetreide nimmt stetig zu. Klaus Gehring, LfL / Institut für Pflanzenschutz, gibt Einblicke in aktuelle Behandlungsmöglichkeiten, insbesondere bei Ungrasregulierung und Resistenzmanagement. Ob Ackerfuchsschwanz oder Windhalm - der Einsatz von bodenaktiven Herbst-Herbiziden ist ein wesentlicher Baustein im Resistenzmanagement und dient dem Schutz der stark resistenzgefährdeten Wirkstoffe aus der Gruppe der ACCase- (HRAC 1) und ALS-Hemmer (HRAC 2).
Mit dem Wegfall von Flufenacet ab 2026 sind alternative Herbizidlösungen gefragt, aber die Unkrautbekämpfung ist dennoch gewährleistet. Verschiedene Präparate - oder Präparatkombinationen - bieten eine effektive Lösung, obwohl auch Umweltschutz und Kulturverträglichkeit berücksichtigt werden müssen. In Zukunft stehen neue Wirkstoffe ab 2027 zur Verfügung, während bewährte Herbizide wie CTU vorerst weiterhin relevant bleiben.