500 Sorten auf dem Feldtag für Urgetreide der Uni Hohenheim

500 Sorten auf dem Feldtag für Urgetreide der Uni Hohenheim

Gut 100 Besucher tummelten sich auf dem diesjährigen Hohenheimer „Urgetreide”-Feldtag mit dem „vermutlich weltgrößten Feldversuch zu Einkorn, Emmer und Dinkel“. Erneut fanden sich viele Vertreter aus der gesamten Wertschöpfungskette in der Scheune auf dem Heidfeldhof in Stuttgart ein. Felix Buchholz von der Südwestdeutschen Saatzucht berichtet.

Mit mehr als 500 Sorten und Stämmen gab es auch in diesem Jahr wieder vielfältige Ährenformen und -farben zu begutachten. Dabei lockte die jährliche Veranstaltung der Universität Hohenheim am 13. Juli 2022 noch mehr Besucher als vor Beginn von Corona-Zeiten an, denn das Thema „Urgetreide” ist weiterhin brandaktuell. Die geschmacklichen und ernährungsphysiologischen Vorteile von Dinkel, Emmer und Einkorn sorgen bei den Verbrauchern für eine hohe Attraktivität der Produkte aus diesen Getreidearten.

Bis zu 3 % der Bevölkerung sind von einer Weizensensitivität oder der normalen Weizenallergie betroffen. Für diese Menschen können mitunter Produkte aus Dinkel, Emmer und Einkorn eine willkommene Alternative darstellen. Dies gilt jedoch nicht im Falle von Zöliakie oder einer stärkeren Form der Weizenallergie wie „WDEIA*“. In der Praxis haben diese Fruchtarten den Vorteil, dass sie gegenüber dem Backweizen mit deutlich weniger Stickstoff auskommen (s. Tab. 1).


Tabelle 1: N-Bedarfswerte, zugehöriges Ertragsniveau (inkl. Zu- und Abschläge): N-Obergrenze (DüV)

FruchtartErtragsniveau in dt/haStickstoffbedarfswert in kg N/ha inkl.Nmin
A/B-Weizen80230
Dinkel70180
Emmer50130
Einkorn40110

Quelle: Stammdatensammlung: Düngung BW (Stand 05.07.2021),
Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) in Rheinstetten


Obwohl diese Vorteile oft bereits bekannt sind, bilden Dinkel, Emmer und Einkorn immer noch eine Nische sowohl im Anbau als auch in der Vermarktung. Prof. Dr. Friedrich Longin von der Universität Hohenheim plädierte auf der Veranstaltung unter anderem dafür, dass für die Entwicklung dieser Arten eine Marke (z. B. „Urgetreide”) nach dem Vorbild „UrDinkel” aus der Schweiz (IG Dinkel) geschaffen werden könnte. Zudem müssten sich mehr Bäcker mit den besonderen Teigeigenschaften von Spelzgetreide auseinandersetzen. Das zu erwartende Brotvolumen nimmt erfahrungsgemäß in folgender Reihenfolge ab: Weizen > Dinkel > Emmer > Einkorn. Mit handwerklichem Geschick lassen sich jedoch auch aus Urgetreide optisch ansprechende Backwaren fertigen. Gerade in Deutschland ist das Bäckerhandwerk noch sehr stark vertreten. Backwaren aus Spezialgetreide erfordern meist eine Langzeitführung mit Sauerteig, die Know-how und natürlich Zeit voraussetzt. Daher ist nicht jeder Verarbeiter bereit, sich den speziellen Anforderungen von Teigen aus Dinkel, Emmer und Einkorn zu stellen. Mit Sorten wie Zollernfit (Dinkel), Späths Albjuwel (Emmer) und Monomax (Einkorn) wurde jedoch auch aufseiten der Züchtung schon einiges getan, um einen positiven Einfluss auf das Backverhalten zu nehmen. Den Rest des Weges müssten nun innovative und engagierte Produzenten gehen, so der Grundtenor der gelungenen Veranstaltung in Stuttgart.


* WDEIA = wheat dependent excercise induced anaphylaxis" = weizenabhängige anstrengungsinduzierte Anaphylaxie