Soja im Norden – gekommen, um zu bleiben!

Soja im Norden – gekommen, um zu bleiben!

Beim Thema Sojaanbau in Niedersachsen denken die meisten an Mähdrescher, die sich durch nasse Felder wühlen, um mäßige Erträge mit sehr hoher Kornfeuchte einzubringen. Stefan Beuermann, LeguNet/UFOP e. V., führt aus, dass solche Bilder heute eher die Ausnahme sind. Ein Plädoyer für den Sojaanbau weiter nördlich.

Beachtliche Fortschritte in der Züchtung von Sojasorten mit deutlich verbesserter Standortanpassung machen den wirtschaftlichen Sojaanbau auch in Niedersachsen möglich (Tab. 1). Hier ist besonders die sprunghafte Zunahme von Sorten, die bereits im September/Oktober abreifen, zu nennen.

Von 2018 bis zum Februar 2025 hat sich die Zahl der in Deutschland zugelassenen Sojasorten von fünf auf 46 erhöht, davon sechs in der sehr frühen Reifestufe 3 für den Anbau in Grenzlagen. Im Landhandel ist Saatgut von ca. 80 Sorten für die verschiedenen Regionen in Deutschland verfügbar. Die beschreibende Sortenliste der AGES in Österreich beinhaltet aktuell sogar 90 Sorten, die ganz überwiegend auch für den Anbau in Deutschland infrage kommen.

Hierzulande werden drei verschiedene Reifegruppen angebaut. In wärmeren Regionen wie Baden-Württemberg sind 00-Sorten im Anbau, in kühleren Regionen 000/0000-Sorten. Den Schwerpunkt im deutschen Sojaanbau bilden die Sorten der Reifegruppe 000. Sehr frühe Sorten der Reifegruppe 000 reifen, abhängig von der Temperatursumme, mehrere Wochen früher ab als Sorten der Reifegruppe 00. Ziel ist es, die Soja Ende September zu ernten. So besteht die realistische Chance, Aufwand und Kosten für die Trocknung gering zu halten. Außerdem könnte dann als Folgekultur sogar noch Wintergerste gesät werden. Die Sojabohne hinterlässt den Boden in solch hervorragendem Zustand, dass die Sämaschine direkt auf den Mähdrescher folgen kann.

Laut Berechnung des Sojaförderrings hat der Umfang der für den Sojaanbau geeigneten Ackerfläche in Deutschland innerhalb von 15 Jahren um 37 % zugenommen und wird aktuell mit 8,4 Mio. ha beziffert. Ursächlich hierfür sind neben steigenden Wärmesummen und verändertem Niederschlagsmuster die erfolgreichen züchterischen Anstrengungen. Die größten potenziellen Sojaanbauflächen von jeweils über eine Million Hektar liegen in den Flächenländern Bayern, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen.


Unzureichende Zulassungen im Pflanzenschutz hemmen den Sojaanbau

Ein Entwicklungshemmnis stellt die geringe Auswahl zugelassener Pflanzenschutzmittel dar. Diese Situation wurde im vergangenen Jahr durch die erstmalige Zulassung eines Fungizids und eines Insektizids für den Sojaanbau zumindest teilweise entschärft. Mit der Zulassungserweiterung für Propulse® (Prothioconazol + Fluopyram) ist die Kontrolle der bedeutendsten Schaderreger Sclerotinia sclerotiorum und Diaporthe phaseolorum möglich. Eine besondere Herausforderung stellt die Etablierung der Sojabohne in bestehende Raps-Fruchtfolgen dar. Bezüglich Sclerotinia ssp. könnte es sich als sinnvoll erweisen, flankierend zu den Fungizidmaßnahmen, das im Boden vorhandene Infektionspotenzial durch die Verwendung von Contans® WG zusätzlich zu mindern. Das Produkt enthält Sporen des Pilzes Coniothyrium minitans, der die Dauerkörper (Sklerotien) von Sclerotinia spp. im Boden parasitiert und dadurch tötet. Der Erfolg der Maßnahme ist stark abhängig von der Sorgfalt, mit der Ausbringung und Einarbeitung durchgeführt werden.

Spannend bleibt das chemische Unkrautmanagement. Die in der Soja zugelassenen Präparate für den Nachauflauf weisen Wirkungslücken auf und sind deutlich teurer als die Varianten für den Vorauflauf, denen jedoch überwiegend das Zulassungsende droht. In Österreich, der Schweiz und Frankreich sind die auch in Soja sehr wirksamen Produkte Proman® und Pulsar® zugelassen. Die Übernahme dieser Zulassungen durch deutsche Behörden ist längst überfällig! Das absehbare Auslaufen der Wirkstoffzulassungen für Metribuzin und Flufenacet wird die angespannte Situation in Deutschland verschärfen. Proman® + Spectrum® Plus + Centium® 36 CS (VA) wären ein sehr leistungsfähiger Ersatz. Im Nachauflauf hat man in Österreich mit Pulsar® + Harmony® SX® gute Erfahrungen gemacht.


Abnehmerkarte


Bedarf an gentechnik-freier Soja steigt weiter

Aktuell verbraucht die EU jährlich rund 35 Mio. t Sojabohnen, von denen lediglich 3 Mio. t innerhalb der EU erzeugt werden. Der bei weitem größte Teil muss importiert werden. Nach wie vor werden in Südamerika artenreiche Ökosysteme zerstört, um zusätzlich Flächen für den Sojaanbau zu schaffen. Die Eiweißpflanzenstrategie ist im Kern darauf ausgerichtet, unsere Beteiligung an dieser Praxis zu beenden, indem wir den Selbstversorgungsgrad erhöhen.

Wir haben hierzulande zwei große Verarbeiter, deren Bedarf einem zigfachen der gegenwärtigen Anbaufläche entspricht. Die ADM verarbeitet in Mainz und Straubing Non-GMO-Soja aus konventionellem Anbau. Die Anlieferung ist auch in der ADM-Lagerstätte in Magdeburg Rothensee möglich. Das Unternehmen Agriprotein benötigt Soja aus ökologischem Anbau für die Standorte Minden und Bülstringen, wobei die von Anbauverbänden zertifizierte Ware besonders gesucht ist. Da die Sojabohne nicht direkt am Entstehen der Leguminosenmüdigkeit beteiligt ist, kann ihr Anbau im ökologischen Landbau ebenfalls deutlich ausgedehnt werden. In Anbetracht des bedenklich hohen Anteils an Leguminosen von durchschnittlich 28,5 % innerhalb ökologischer Fruchtfolgen könnte die Fokussierung auf Soja die Gefahr des Auftretens von Fruchtfolgekrankheiten mindern.


Ernte Soja 2024; zur besseren Lesbarkeit bitte anklicken
Ernte Soja 2024; zur besseren Lesbarkeit bitte anklicken


Erzeugergemeinschaften erreichen bessere Wirtschaftlichkeit

Generell steigen das Interesse und die Zahlungsbereitschaft der Abnehmer von Hülsenfrüchten mit Umfang und Gleichförmigkeit der angebotenen Erntemenge. Sehr hilfreich wäre hierbei die Bündelung der Erntemengen und deren gemeinsame Vermarktung durch eine landwirtschaftliche Erzeugergemeinschaft (EZG1), auch um Kosten zu sparen: Der Transport zum Verarbeiter per Bahn oder Schiff – dafür werden Einzelpartien von 1.000–3.500 t benötigt – ist deutlich preiswerter als per Lkw. Auch durch den gemeinsamen Einkauf der benötigten Betriebsmittel werden Kosten reduziert.

Das einfachste Hilfsmittel zum Auffinden geeigneter Handelspartner stellt die Abnehmerkarte auf der Homepage der UFOP sowie der Saaten-Union dar. Dort sind rund 400 Händler hinterlegt, die Körnerleguminosen aus konventioneller und ökologischer Erzeugung aufnehmen.

Entscheidend für eine nachhaltige Entwicklung des heimischen Anbaus von Eiweißpflanzen ist, dass man sich nicht dauerhaft von staatlichen Prämien abhängig macht. Akzeptieren Sie keine Verträge, bei denen die Fördergelder aus der GAP eingepreist sind! Der Anbau von Hülsenfrüchten muss sich alleine über die Erzeugerpreise rechnen! Übrigens steht bei Importen die Preisvorstellung des Exporteurs nicht zur Diskussion.

1 Eine Anleitung zur Gründung einer EZG in der Rechtsform e. G. finden Sie auf der Homepage des bundesweiten Leguminosen-Netzwerks LeguNet.


Schnell gelesen (Kurzfassung):

Fortschritte in der Züchtung haben dazu geführt, dass Sojaanbau selbst in Niedersachsen möglich ist. Besonders hervorzuheben sind neue Sorten, die schon im September oder Oktober reifen. In Deutschland ist die Zahl der zugelassenen Sojasorten von fünf im Jahr 2018 auf 46 im Jahr 2025 gestiegen, darunter sechs Sorten für Grenzlagen. In den deutschen Regionen sind etwa 80 Sorten Saatgut erhältlich, und in Österreich gibt es sogar 90 Sorten, die auch für Deutschland geeignet sind. In Deutschland werden drei Reifegruppen angebaut, wobei der Schwerpunkt auf der Reifegruppe 000 liegt, die früher reift. 
Der Anbau geeigneter Flächen hat in den letzten 15 Jahren um 37 % zugenommen. Aktuell gibt es in Deutschland 8,4 Millionen Hektar geeignete Ackerfläche, wobei die größten Flächen in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen liegen. Zurzeit sind in Deutschland zu wenige Pflanzenschutzmittel in Soja zugelassen, was die Entwicklung des Anbaues noch hemmt. Eine neue Zulassung für Fungizide und Insektizide hat die Situation schon  teilweise verbessert.



Der Sojaanbau  in Übersee verursacht meist gravierende Umweltschäden. Zudem ist ein sehr großer Teil der Sorten gentechnisch modifiziert. Die Eiweißpflanzenstrategie zielt darauf ab, die Abhängigkeit von importierter Soja zu verringern. Zwei große Verarbeiter in Deutschland zeigen Bedarf an gentechnikfreier Soja in einer Größenordnung, die die aktuelle Anbaufläche übersteigt.



Um die Wirtschaftlichkeit der Sojaproduktion eines Betriebes zu steigern, kann die Gründung einer Erzeugergemeinschaft sinnvoll sein. Größere einheitliche Partien erzielen bessere Preise, haben eine effektivere Logistik und finden auch schneller Abnehmer. 


Wichtige Informationen zur Sojavermarktung findet man auf den Websites von UFOP und Saaten-Union („Abnehmerkarte“). Informationen zu Anbau, Vermarktung und Wirtschaftlichkeit der Sojaproduktion finden man beim Sojaförderring und bei der UFOP.