
Da Sommerackerbohnen sehr unter Trockenheit leiden, können Winterackerbohnen eine Risikoabsicherung darstellen – wenn sie auf geeigneten Standorten angebaut werden. Prof. Dr. agr. Knut Schmidtke, Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden, hat Winter- und Sommerackerbohnen in Anbauversuchen gegenübergestellt.
Ob die enormen Potenziale der Winterform jedoch ausgenutzt werden können, entscheidet neben dem Standort auch die Bestandesführung, wie Nils Christiansen, Norddeutschen Pflanzenzucht Hans Georg Lembke, beschreibt.
1 Winterackerbohnen punkten bei Frühsommertrockenheit
Ackerbohnen können sich Wasser aus dem Boden nur unzureichend aneignen. Das Tiefenwachstum ihrer Wurzeln ist auch auf tiefgründigen Böden auf maximal 70 bis 100 cm begrenzt. Um Trockenstress im Frühsommer und Sommer zu vermeiden, schließen Ackerbohnen deshalb bereits bei geringem Trockenstress über die Mittagszeit die Spaltöffnungen. Hierüber schränkt die Ackerbohne allerdings nicht nur die Verdunstung von Wasser über die Blätter, sondern auch die Trockenmassebildung ein. Die Folge ist, dass die Ertragsleistung der Ackerbohne auf Standorten mit ausgeprägten Trockenphasen in Frühjahr und Sommer vergleichsweise eher gering ausfällt. Deshalb werden Ackerbohnen zumeist nur auf Standorten angebaut, die eher kühl-feuchte Bedingungen und einen durchwurzelbaren Bodenraum von über 70 cm Tiefe aufweisen. Für einen erfolgreichen Anbau von Ackerbohnen kommt es deshalb mehr als bei anderen Kulturarten auf die boden- und klimabedingte Eignung des Standortes an. Die Sommerackerbohne ist deshalb – wenn immer vom Bodenzustand möglich – bereits bis Mitte März auszusäen. Für Standorte mit häufig trockeneren Bedingungen im Frühsommer stellt sich daher die Frage, ob hier Winterackerbohnen tatsächlich im Vergleich zu Sommerackerbohnen höhere Kornerträge erreichen?
Winterackerbohne unter Frühsommertrockenheit strategisch im Vorteil
Strategische Vorteile des Anbaus von Winterackerbohne im Vergleich zur Sommerackerbohne konnten aus einem Feldversuch, der in der Nähe von Görlitz auf Löß-Staugley (Ackerzahl 43) durchgeführt wurde, abgeleitet werden. Geprüft wurden zwei Winterackerbohnen (Sorten: Hiverna und AUGUSTA) mit Aussaat am 13.10. und zwei Sommerackerbohnen (Sorten: FANFARE und FUEGO) mit Aussaat am 29.03. und einer Saatstärke von jeweils 40 keimfähigen Körnern je m². Jeweils 3 Tage nach Aussaat wurde ein Herbizid zur Unkrautregulation appliziert. Im Versuchszeitraum Oktober bis Juli betrug die Durchschnittstemperatur 8,8 °C und die Niederschlagssumme 577 mm. Bei Kahlfrösten im Januar von bis zu -12,7 °C und Spätfrösten im März bis minimal -4,6 °C überwinterten beide Sorten der Winterackerbohne mit über 95 % der im Herbst aufgelaufenen Pflanzen ausgesprochen gut.
Die Winterackerbohnen wiesen bereits Anfang Mai einen deutlich sichtbar höheren Sprossertrag und Entwicklungsvorsprung (BBCH 33–35 gegenüber BBCH 5–8) auf (Abb. 1). Die Winterackerbohnen konnten den Wachstumsvorsprung unter den dann einsetzenden trocken-wärmeren Bedingungen deutlich besser in Ertragsleistung umsetzen als die Sommerackerbohnen.
Statistisch gesicherte Unterschiede konnten zwischen den zwei Sorten der Winter- und Sommerackerbohne nicht nachgewiesen werden, dafür aber im Mittel der Sorten zwischen Winter- und Sommerform der Ackerbohnen bei allen Leistungskenngrößen (Tab. 1). So wiesen die Winterackerbohnen im Sortenmittel deutlich höhere Kornerträge, Kornproteinerträge und N-Mengen in Korn und Stroh auf. Winterackerbohnen hinterließen auch signifikant höhere N-Mengen in den Ernterückständen, sodass ihr N-Vorfruchtwert in diesem Fall höher ausgefallen sein dürfte.
Die parallel durchgeführten Wurzeluntersuchungen untermauern das auf tiefgründigen Standorten höhere Leistungsvermögen der Winterackerbohne: So wurzelten die Winterackerbohnen um ca. 20 cm tiefer als die Sommerackerbohnen und wiesen auch eine höhere Wurzellängendichte auf (Abb. 2). Damit waren in diesem Fall die Winterackerbohnen besser in der Lage, im Unterboden befindliche Wasservorräte zu nutzen und sich Nährstoffvorräte wie Phosphor und Kalium im Boden besser anzueignen.
2 Überwinterung entscheidend
Auch Winterackerbohnen benötigen für eine gute Ertragsbildung neben einem guten Vorrat an nutzbarer Wasserspeicherkapazität im Boden zusätzlich in der Zeit von April bis Juni ausreichend Niederschläge in Höhe von etwa 150 mm. An einer Reihe von Standorten in Ostdeutschland sowie in Franken und Rheinlandpfalz konnten diese Bedingungen gemäß einer Analyse des Deutschen Wetterdienstes schon in den Jahren 1986 bis 2015 im Mittel nicht mehr gut erfüllt werden. Sie kommen deshalb auch für den Anbau der Winterackerbohne eher nicht infrage. Nur an wenigen Standorten in Deutschland traten im gleichen Zeitraum häufiger Kahlfröste im Winter von unter -16 °C auf, sodass Winterackerbohnen in den meisten Gebieten Deutschlands im Mittel der Jahre mit hoher Wahrscheinlichkeit überwintert hätten. Die Auswinterung der Winterackerbohne erfolgt nach der Analyse des Witterungsverlaufes der zurückliegenden Jahre in erster Linie, weil an vielen Standorten bereits im Februar bis Anfang März mehr als 10 Tage Temperaturen von im Mittel über 7 °C geherrscht haben. In diesen Fällen wird die Frosthärte der Winterackerbohne physiologisch abgebaut. Folgen dann im März oder Anfang April Spätfröste von unter -6 °C, dann erhöht sich die Gefahr deutlich, dass die Winterackerbohnen spätfrostbedingt absterben. Abb. 3 spiegelt das Ergebnis zum derzeitigen Stand der Anbaueignung für Winterackerbohnen in Deutschland wider, wobei Wasserangebot über Boden und Niederschläge und Auswinterung durch Kahlfröste und Spätfröste zusammengefasst sind. Mit hoher Wahrscheinlichkeit lassen sich danach Winterackerbohnen im Westen Nordrhein-Westfalens, im Rheintal und im Saarland anbauen.

3 Ackerbohnenbestände richtig führen
Wie oben beschreiben, können Winterackerbohnen die Sommerform in Sachen Durchwurzelung, Entwicklung, Kornertrag und N-Fixierung toppen, wenn Standort- und Umweltbedingungen passen. Tab. 1 fasst zusammen, was günstige Standortbedingungen für Ackerbohnen sind. Neben den Tiefsttemperaturen über den Winter spielen ebenso die Konditionierung in Abhärtung sowie Enthärtung eine ausschlaggebende Rolle.
Da Sommerungen unschlagbare Vorteile in der Gräserbekämpfung haben, dominieren in den meisten Teilen Deutschlands auch weiterhin die Sommerackerbohnen. Ähnlich wie in Frankreich nimmt die Fläche der Winterform jedoch auch im deutschsprachigen Raum zu. Primäre Gründe sind hierfür, wie auch bei den Winterkörnererbsen, das Ausnutzen der Winterfeuchte, die frühere Ertragsentwicklung in vorsommertrockenen Lagen und die Leguminose als Hauptkultur über den Winter. Die Ansprüche an Bodeneigenschaften und Bestandesführung unterscheiden sich nicht grundlegend von denen einer Sommerackerbohne.
Tipp:Wenn im Herbst noch Saatgut der Winterackerbohne übrig ist, dann lagern Sie es kühl und trocken bis zum kommenden Herbst und für Schädlinge nicht erreichbar. Das Saatgut sollte NICHT im Frühjahr ausgesät werden.Die Vorteile der geringeren Aussaatstärke oder früheren Ertragsentwicklung können bei einer Frühjahrsaussaat nicht realisiert werden und der anbauende Betrieb hat eher agronomische Nachteile. |
Für die Aussaat im Herbst werden 20–25 keimf. Körner/m² empfohlen. Diese vergleichsweise geringe Aussaatstärke fördert die Bestockung der Pflanzen. Der Zeitpunkt der Aussaat verschiebt sich in den letzten Jahren allerdings aufgrund immer höherer Temperaturen im Herbst weiter nach hinten. War es bis vor ein paar Jahren noch Konsens, die Aussaat Ende September zu beginnen, fangen die Betriebe frühestens Mitte Oktober mit der Aussaat der Winterackerbohnen an. Ziel ist eine Vegetationszeit von 4–6 Wochen vor Vegetationsruhe, sodass sich bis zum Winter 4–6 Laubblätter entwickeln können. Weiter entwickelte Pflanzen bergen das Risiko stärkerer Kältesensibilität sowie vermehrter Aufnahme von Pathogenen.
Um gesund in das Frühjahr zu starten, empfiehlt sich die Fungizidapplikation zu Beginn der Vegetation im Folgejahr der Aussaat – das gilt übrigens auch für Winterkörnererbsen. Im Übrigen ist ein abgefrorener Haupttrieb nicht direkt ein Bestandsausfall, denn oftmals steckt noch genügend Kraft in den jungen Pflanzen, sodass mehrere neue Triebe entspringen können (siehe Bild oben). Auch während der Vegetation muss mit einem Läusebefall gerechnet und wenn möglich entsprechend reagiert werden.
Ausblick
Die Züchtung der Winterackerbohnen geht zwar deutlich langsamer voran als die des Wintergetreides, aber es stehen aktuell den deutschen Landwirtinnen und Landwirten neue Sorten zur Verfügung, die Verbesserungen hinsichtlich Gesundheit, Agronomie und Ertragspotenzial mit sich bringen. Darüber hinaus werden neue Sorten, die über eine höhere Spätfrostverträglichkeit nach früher Enthärtung im ausgehenden Winter verfügen, die Anbauwürdigkeit von Winterackerbohnen in Deutschland weiter erhöhen.
Schnell gelesen (Kurzfassung):
Winterackerbohnen können als Risikoabsicherung für Sommerackerbohnen dienen, wenn sie auf geeigneten Standorten angebaut werden. Versuche zeigen, dass Winterackerbohnen bei Frühsommertrockenheit Vorteile haben, da sie tiefer wurzeln und effizienter mit Trockenstress umgehen können. Statistisch gesichert erzielten in Versuchen Winterackerbohnen höhere Erträge und N-Mengen als Sommerackerbohnen. Da für den Anbauerfolg die Nicht-Auswinterung entscheidend ist, sind bestimmte Regionen nicht für Winterackerbohnen geeignet.
Die Züchtung geht auch bei Ackerbohnen voran: Zukünftige Sorten versprechen Verbesserungen in Gesundheit, Agronomie und Ertrag.