Saatgutqualität: Kalkung verbessert die Langlebigkeit von Weizenkörnern

Saatgutqualität: Kalkung verbessert die Langlebigkeit von Weizenkörnern

Weizen ist eine der weltweit wichtigsten Kulturpflanzen. Für rund vierzig Prozent der Weltbevölkerung ist Weizen DAS Grundnahrungsmittel. Deshalb ist neben der Steigerung des Ernteertrags auch eine Verbesserung der Lagerfähigkeit und der Fähigkeit des Saatguts, während der Lagerung lebensfähig zu bleiben, Ziel der Weizenproduktion. Dr. Christian Robert Fiedler erläutert, wie dieses Ziel erreicht werden kann.

Der Zusammenhang zwischen pH-Wert und Nährstoffverfügbarkeit ist bei fast allen in der Landwirtschaft Tätigen bekannt und „in den Köpfen“. Weniger häufig wird aber in diesem Zusammenhang die Vitalität und Langlebigkeit des erzeugten Saatgutes diskutiert.

Die Langlebigkeit von Saatgut (Sano et al. 2016) – die Fähigkeit von Saatgut, während der Lagerung lebensfähig zu bleiben – ist ein wichtiger agronomischer Faktor. Eine schlechte Langlebigkeit wirkt sich negativ auf die Etablierung des Keimlings und folglich auf den Ernteertrag aus. Die Langlebigkeit von Weizenkörnern ist mit einer Reihe von Schutzmechanismen verbunden, die letztlich von der Nährstoffverfügbarkeit abhängig sind.


Schon in der Mutterpflanze werden die Grundlagen gelegt

Die Langlebigkeit von Saatgut hängt sehr stark von den Stressbedingungen ab, denen die Mutterpflanze während der Samenreifung ausgesetzt ist (Righetti et al. 2015, Okada et al. 2021). Saure Böden sind ein solcher Stressfaktor, da sie die Verfügbarkeit von Nährstoffen wie etwa Kalzium, Magnesium und Phosphor beeinträchtigen und die Bioverfügbarkeit toxischer Elemente wie Aluminium und Eisen fördern. Die Versauerung des Bodens in landwirtschaftlich genutzten Ökosystemen ist in erster Linie auf die vermehrte Freisetzung von Protonen aus den Umwandlungsreaktionen von kohlenstoff-, stickstoff- und schwefelhaltigen Verbindungen zurückzuführen.


Versauerung der Böden lässt Weizenkörner schneller altern

Weizen hat als Strategie zur Sicherstellung seiner Vermehrung die Fähigkeit entwickelt, seine Samenproduktion an die Verfügbarkeit von Bodennährstoffen anzupassen. Und dies geschieht, ohne die Keimfähigkeit und Vitalität zu beeinträchtigen, jedoch auf Kosten der Langlebigkeit (da Silva et al. 2022). Weizensamen, die auf sauren Böden ohne ausreichende Nährstoffversorgung erzeugt werden, altern schneller als Körner aus einem gut versorgten Weizenbestand. Deshalb beeinträchtigen saure Böden nicht nur den Kornertrag, sondern beeinflussen ebenfalls die Langlebigkeit von Weizenkörnern.

Die Anwendung von Kalk auf sauren Böden mildert den Säuregehalt des Bodens ab, indem sie:

  1. den pH-Wert und die Basensättigung des Bodens erhöht,
  2. die Nährstoffverfügbarkeit fördert,
  3. die Toxizität von sauren Aluminium- und Eisen-Kationen verringert,
  4. die Produktion von Samen mit einer verbesserten chemischen Zusammensetzung ermöglicht und
  5. das Ertragspotenzial steigert.

Daher verbessert die Kalkung saurer Böden nicht nur den Nährstoffstatus von Weizensaatgut, sondern beeinflusst dadurch auch seine Langlebigkeit.


pH-Wert und Langlebigkeit von Saatgut
pH-Wert und Langlebigkeit von Saatgut


pH-Wert beeinflusst die Biochemie von Boden und Korn

Weizensamen, die auf gekalkten Böden erzeugt werden, weisen nicht nur eine höhere Menge an Transkriptionsfaktoren, Antioxidantien, Proteinen und Nährstoffen auf, die ihre Langlebigkeit positiv beeinflussen, sondern zeigen auch einen starken positiven Zusammenhang zwischen dem Magnesium- und Phosphorgehalt und einer höheren Langlebigkeit (Abb. 1). Es besteht eine klare Beziehung zwischen Nährstoffverfügbarkeit im Boden, Nährstoffgehalt im Saatgut und der Langlebigkeit von Samen (da Silva et al. 2022).


Entscheidend: Magnesium und Phosphor

Magnesium und Phosphor sind die wichtigsten Nährstoffe, die für die Genexpression in Weizensamen und deren Langlebigkeit verantwortlich sind.

Magnesium ist Bestandteil zahlreicher Proteine mit einer Schutzfunktion gegen oxidativen Stress. Das zeigt sich besonders in der Wechselbeziehung zwischen Magnesium, Tocopherol (Vitamin E) und der Langlebigkeit von Weizensamen. Magnesium steht hier nicht nur mit dem Schutz vor oxidativen Schäden in Verbindung, sondern verhindert zusammen mit dem Tocopherol auch den oxidativen Abbau von Lipiden (Fetten) während der Samenlagerung und fördert somit die Langlebigkeit von Weizensamen. Darüber hinaus fördert Magnesium den Transport von Photoassimilaten von den Orten der Synthese (Source) zu den Bedarfsorganen (Sink) und somit auch in die Weizenkörner. Einige dieser Stoffwechselprodukte dienen schließlich als Reserven, die die Samen während der Austrocknung und Lagerung schützen und ihre Autonomie im trockenen Zustand gewährleisten. Deshalb wirkt sich der Magnesium-Mangel auf sauren Böden auch auf die Langlebigkeit von Weizensamen aus.

Phosphor wiederum spielt eine wichtige energetische Rolle bei der Umwandlung gespeicherter Samenbestandteile in neues Gewebe und ermöglicht eine schnelle Keimlingsbildung. Die Phosphor-Konzentration im Saatgut bestimmt die Wuchsleistung der Keimlinge, insbesondere das Wurzelwachstum (Abb. 1). Da die Fähigkeit, Keimlinge zu bilden, mit der Langlebigkeit der Samen zusammenhängt, ist der Beitrag von Magnesium und Phosphor zur Langlebigkeit von Saatgut während der Lagerung unerlässlich.


Kohlensaurer Kalk

wirkt langsam und nachhaltig. Je feiner sein Mahlgrad, desto schneller seine Wirkung. Auf schweren Böden empfiehlt sich ein sehr feiner Mahlgrad. Kohlensaurer Kalk verbessert nicht nur die Bodenstruktur, sondern sorgt auch für eine bessere Bodendurchlässigkeit.

Branntkalk

wirkt schneller als Kohlensaurer Kalk und sollte deshalb zur Vermeidung von Überkalkungen nicht auf leichten Böden eingesetzt werden. Diese Kalkform verändert die Bodeneigenschaften und die Bodenstruktur. Außerdem fördert Branntkalk das Pflanzenwachstum und schützt vor Erosion, phytopathogenen Pilzen, Schädlingen, Fraßschäden und Krankheiten.

Quelle: Fiedler
Quelle: Fiedler

Quelle: Fiedler
Quelle: Fiedler


Suboptimaler pH-Wert beeinträchtigt den Ionen-Austausch an den Wurzeln

Bei der Aufnahme von Ammonium-Kationen (NH4+) durch die Pflanzenwurzeln werden im Austausch Protonen (H+) in die Wurzelumgebung abgegeben. Mit zunehmender Menge an Protonen (H+) nimmt die Konzentration der austauschbaren basischen Kationen, wie etwa Magnesium (Mg2+), ab und damit auch die Fähigkeit, saure Kationen wie Aluminium (Al3+) zu neutralisieren. Dies verändert den Säuregehalt im Boden, führt zu einer Verarmung an basischen Nährstoffen und zu einer hohen Löslichkeit von sauren Kationen wie Aluminium und Eisen, die beim Überschreiten einer kritischen Konzentration toxisch wirken können. Aber auch die Verfügbarkeit von Phosphor ist auf sauren Böden aufgrund der Phosphorfixierung durch saure Kationen wie Aluminium und Eisen eingeschränkt. Bei einem unter dem Optimum liegenden pH-Wert ist also die Verfügbarkeit von Magnesium, Phosphor und anderen Nährstoffen beeinträchtigt.


Fazit

Saure Böden haben einen Einfluss auf die Langlebigkeit von Samen, denn sie verringern die Verfügbarkeit von Elementen, die für die Pflanzenernährung notwendig sind. Die Optimierung des Säuregehalts des Bodens mit Kalk verbessert daher die Bodenfruchtbarkeit und verschafft dem Weizen einen angemessenen Nährstoffstatus. Dadurch wird auch die chemische Zusammensetzung der Weizensamen und die Expression von Genen, die mit Langlebigkeit in Verbindung stehen, positiv beeinflusst. Ein optimaler pH-Wert begünstigt also die Produktion von Saatgut mit einem besseren Potenzial, seine Lebensfähigkeit und Keimfähigkeit während der Lagerung zu erhalten.

alle Bilder: Fiedler; Die Details der Literaturangaben liegen uns nicht vor. Wenden Sie sich bei Interesse bitte an Dr. rer. nat. Christian Robert Fiedler /Tel. 06434 9070268/drchrrfiedler@aol.com


Schnell gelesen (Kurzfassung):

Der Artikel erklärt die Bedeutung des  pH-Wertes  des Bodens auf die Vitalität von Weizensaatgut. Saure Böden können die Verfügbarkeit wichtiger Nährstoffe wie Magnesium und Phosphor beeinträchtigen, was sich negativ auf die "Mutterpflanze" auswirkt und über diesen Weg dann auch negativ auf die Qualität der produzierten Weizenkörner. Die Samenalterung wird beschleunigt. Die Kalkung saurer Böden verbessert nicht nur die Bodenfruchtbarkeit, sondern auch die Langlebigkeit und Keimfähigkeit des Saatguts. Magnesium und Phosphor spielen eine entscheidende Rolle für die Genexpression und Langlebigkeit der Weizensamen.

Die Optimierung des pH-Werts des Bodens fördert somit die Produktion von qualitativ hochwertigem Saatgut.