T-2- und HT-2-Toxine in Hafer(produkten) vermeiden

T-2- und HT-2-Toxine in Hafer(produkten) vermeiden

Haferprodukte erfreuen sich bei Verbrauchern zunehmender Beliebtheit. Das Vertrauen in die Qualität der Produkte ist groß. Durch die Absenkung der Mykotoxinhöchstgehalte ergeben sich neue Herausforderungen für die Hafermühlen. Jens Chr. Meyer, Leiter des Qualitätswesens der H.&J. Brüggen KG, berichtet.

Neben den klassischen Haferflocken erfreuen sich in Europa auch andere Produkte wie Müsli, Müsliriegel und haferhaltige Getränke zunehmender Beliebtheit. Daher ist der Pro-Kopf-Haferkonsum in Europa deutlich gestiegen.


Haferprodukte: hervorragende ernährungsphysiologische Eigenschaften

Haferprodukte sind eine wertvolle Quelle für Vitamine, Mineralien, essenzielle Aminosäuren, ungesättigte Fettsäuren und Ballaststoffe. Letztere umfassen auch β-Glukane, lösliche Ballaststoffe, die sich positiv auf den Blutcholesterinspiegel auswirken können. Darüber hinaus können Haferprodukte zur Senkung des Blutzuckerspiegels und zu einer glutenfreien Ernährung beitragen.


Hierzulande stammt der verarbeitete Hafer überwiegend aus Europa

Hafer wird überwiegend bei kühlen, feuchten Bedingungen in gemäßigten Regionen Nordeuropas, Russlands, der USA und Kanadas angebaut. Aufgrund eines Einfuhrzolls von zzt. 89 € pro Tonne auf Drittlandshafer (Ausnahme ist das Vereinigte Königreich) wird dieser in der Europäischen Union zurzeit kaum verarbeitet.

In der EU wurden 2022 ungefähr 7,5 Mio. Tonnen Hafer erzeugt (Deutschland ca. 0,75 Mio. Tonnen), davon werden etwa 1,1 Mio. Tonnen für die menschliche Ernährung verarbeitet. Diese kommen hauptsächlich aus Finnland, Schweden und Deutschland. Der Großteil von über 5,8 Millionen Tonnen findet als Futterhafer Verwendung.


Drei Faktoren sind entscheidend: Verfügbarkeit, Verarbeitungseignung, Mykotoxinbelastung

Drei Faktoren bestimmen die Versorgungslage der hiesigen Hafermühlen:

  1. Die ausreichende Verfügbarkeit
  2. Die Eignung des Hafers zur Verarbeitung für den menschlichen Verzehr. Zu den wichtigsten Qualitätsparametern dafür gehören ein hoher Anteil an hellen und großen Haferkernen sowie eine leichte Entspelzbarkeit. Außerdem sollten vorher Feinanteile und Schmalhafer entfernt werden.
  3. Die Einhaltung lebensmittelrechtlicher Vorschriften, insbesondere der von der Europäischen Kommission festgelegten Höchstgehalte für Mykotoxine.

Hochwertiges Erntegut als Basis für saubere Lebensmittel; Quelle: Nordsaat
Hochwertiges Erntegut als Basis für saubere Lebensmittel; Quelle: Nordsaat
Höchstgehalte für Mykotoxinbelastungen sinken immer weiter

Im Jahr 2006 legte die Europäische Kommission erstmals Höchstgehalte für Deoxynivalenol und andere Mykotoxine in unverarbeitetem Hafer fest, die durch eine neue Verordnung im Mai dieses Jahres abgelöst wurden1.

Im Jahr 2013 folgten mit der Empfehlung der Europäischen Kommission (2013/165/EU) Richtwerte für die Summe an T-2- und HT-2-Toxinen in unverarbeiteten Hafer von 1.000 µg/kg und für Haferprodukte von 200 µg/kg. Bei einer Überschreitung dieser sollen von den Marktteilnehmenden derzeit Untersuchungen zu Ursachenfindung angestrengt werden.

Im Jahr 2017 wurde seitens der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) die tägliche Aufnahmemenge der Summe an T-2- und HT-2-Toxinen je kg Körpergewicht deutlich abgesenkt. Diese werden für unverarbeiteten Hafer bei 1.250 µg/kg und für Haferprodukte (einschließlich Haferflocken) bei 100 µg/kg der Summe an T-2- und HT-2-Toxinen liegen. In der Folge begann eine Diskussion über die künftige Festlegung von Höchstgehalten. Im September 2023 wurde über die Inkraftsetzung dieser Höchstgehalte zum Sommer 2024 in den zuständigen Gremien abgestimmt. Eine Überprüfung dieser vorgeschlagenen Höchstgehalte soll nach vier Jahren erfolgen.


91 % der Proben waren mit Mykotoxinen belastet

Deoxynivalenol sowie die T-2- und HT-2-Toxine gehören zu den am häufigsten in Hafer vorkommenden Mykotoxinen. Einer 2021 erschienen Studie nach enthielten mindestens 91 % der 281 untersuchten Mühlenhaferproben eines dieser Mykotoxine.

T-2- und HT-2-Toxine werden hauptsächlich von Fusarienpilzen der beiden Arten Fusarium langsethiae und Fusarium sporotrichioides produziert. Fusarium langsethiae-Infektionen des Hafers verlaufen symptomlos und können bei Hafer während der gesamten Vegetationsperiode auftreten. Optimale Wachstumsbedingungen findet dieser Pilz bei 20 bis 30 °C. Er ist in der Lage, in den Haferkern einzuwachsen und dort T-2- und HT-2-Toxine zu bilden.

In der Europäischen Union lassen sich die höchsten T-2- und HT-2-Toxingehalte in irischem Hafer finden. Gemessen wurden Gehalte von bis zu 1.300 µg/kg in Mühlenhafer, in ungereinigten Proben aber auch bis zu 1.100 µg/kg für das T-2-Toxin und bis zu 3.400 µg/kg für das HT-2-Toxin. In Mühlenhafer aus dem Vereinigten Königreich wurden Gehalte bis zu 800 µg/kg (T-2- und HT-2-Toxine) in gereinigten Proben und sogar bis zu 9.990 µg/kg in ungereinigten Proben nachgewiesen. Beide Herkünfte teilten sich eine vergleichbare geografische Lage, vergleichbare Wetterbedingungen sowie in Teilen den Anbau von Winterhafer.

Deutscher Mühlenhafer enthielt in einer Studie aus 2021 bis zu 600 µg/kg der Summe an T-2- und HT-2-Toxinen. In späteren Jahren wurden in norddeutschem Mühlenhafer vereinzelt auch Gehalte bis zu 1.500 µg/kg analysiert. Sollten einzelne Haferpartien den vorgeschlagenen Höchstgehalt übersteigen, könnten diese noch als Tierfutter vermarktet werden.


Prozentuale Reduktion [%] der Summe der T-2- und HT-2-Toxingehalte [μg/kg] in Mühlenhafer nach Entspelzung zu Haferkernen in einer Hafermühle
Prozentuale Reduktion [%] der Summe der T-2- und HT-2-Toxingehalte [μg/kg] in Mühlenhafer nach Entspelzung zu Haferkernen in einer Hafermühle


Für Hafermühlen wird die Qualitätssicherung schwieriger

Zwar sind die bisher in Deutschland beobachteten T-2- und HT-2-Toxingehalte der Rohware noch nicht besorgniserregend, aber der vorgeschlagene Höchstgehalt von nur 100 µg/kg für Haferflocken könnte für die Hafermühlen teilweise nur schwer zu erreichen sein. In einer Studie aus 2022 wurde gezeigt, dass die Reduktionsrate dieser Mykotoxine bei nur durchschnittlich 85 % und nicht bei den theoretischen 92 % liegt (s. Abb. 1). Diese Reduktion ist nicht linear und hängt, wie oben beschrieben, vom Wachstum des F. langsethiae in den Haferkern ab. F. langsethiae DNA-Gehalte korrelieren dabei signifikant mit der Summe an den T-2- und HT-2-Toxingehalten. Hafermühlen können sich somit nicht grundsätzlich sicher sein, immer vermarktungsfähige Haferflocken aus vermarktungsfähigem Mühlenhafer herzustellen.


Pilzbefall schon durch den Anbau vorbeugen

Deshalb ist es wichtig, einen Befall des Hafers mit Schimmelpilzen bestmöglich zu verhindern. Im ökologischen Anbau ist das Fusariumrisiko geringer als im konventionellen. Der Anbau von Winterhafer birgt sehr hohe Risiken, ebenso wie andere Getreidearten als Vorfrucht. Am besten als Vorfrucht geeignet sind Raps, Kartoffeln, Hülsenfrüchte oder Feldgemüse. Der Einsatz des Pfluges verringert das Fusariumrisiko ebenfalls.


Fazit

Die Forschung auf nationaler und auch internationaler Ebene wird sicher weitere Methoden zur Fusarienvermeidung herausarbeiten. Je geringer die Belastung gelieferter Ware, desto sicherer die Einhaltung der Höchstgehalte verarbeiteter Ware. Hiesige Hafermühlen nehmen auch in Zukunft sehr gerne Ware guter Qualität aus heimischer Landwirtschaft an.


1 Verordnung (EU) 2023/915 der Kommission vom 25. April 2023 über Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 (Europäische Kommission 2023)

Die beiden erwähnten Studien:

Meyer JC, Hennies I, Wessels D, Schwarz K. 2021. Survey of mycotoxins in milling oats dedicated for food purposes between 2013 and 2019 by LC-MS/MS. Food Addit Contam Part A 38(11):1934–1947. DOI:10.1080/19440049.2021.1950931

Meyer JC, Birr T, Hennies I, Wessels D, Schwarz K. 2022. Reduction of deoxynivalenol, T-2 and HT-2 toxins and associated Fusarium species during commercial and laboratory de-hulling of milling oats. Food Addit Contam Part A 39(6):1163–1183. DOI:10.1080/19440049.2022.2059576


Schnell gelesen (Kurzfassung):

In der EU wurden 2022 ungefähr 7,5 Mio. Tonnen Hafer erzeugt (Deutschland ca. 0,75 Mio. Tonnen), davon werden etwa 1,1 Mio. Tonnen für die menschliche Ernährung verarbeitet. Diese kommen hauptsächlich aus Finnland, Schweden und Deutschland. Der Großteil von über 5,8 Millionen Tonnen findet als Futterhafer Verwendung.

Drei Faktoren bestimmen die Versorgungslage der hiesigen Hafermühlen:

  1. Die ausreichende Verfügbarkeit
  2. Die Eignung des Hafers zur Verarbeitung für den menschlichen Verzehr. Zu den wichtigsten Qualitätsparametern dafür gehören ein hoher Anteil an hellen und großen Haferkernen sowie eine leichte Entspelzbarkeit. Außerdem sollten vorher Feinanteile und Schmalhafer entfernt werden.
  3. Die Einhaltung lebensmittelrechtlicher Vorschriften, insbesondere der von der Europäischen Kommission festgelegten Höchstgehalte für Mykotoxine.


Im Jahr 2006 legte die Europäische Kommission erstmals Höchstgehalte für Deoxynivalenol und andere Mykotoxine in unverarbeitetem Hafer fest. Schon 2017 wurde seitens der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) die tägliche Aufnahmemenge der Summe an T-2- und HT-2-Toxinen je kg Körpergewicht deutlich abgesenkt. Diese werden für unverarbeiteten Hafer bei 1.250 µg/kg und für Haferprodukte (einschließlich Haferflocken) bei 100 µg/kg der Summe an T-2- und HT-2-Toxinen liegen. In der Folge begann eine Diskussion über die künftige Festlegung von Höchstgehalten. Im September 2023 wurde über die Inkraftsetzung dieser Höchstgehalte zum Sommer 2024 in den zuständigen Gremien abgestimmt. Eine Überprüfung dieser vorgeschlagenen Höchstgehalte soll nach vier Jahren erfolgen.

Deoxynivalenol sowie die T-2- und HT-2-Toxine gehören zu den am häufigsten in Hafer vorkommenden Mykotoxinen. Einer 2021 erschienen Studie nach enthielten mindestens 91 % der 281 untersuchten Mühlenhaferproben eines dieser Mykotoxine.


Während in vielen Ländern besorgniserregende Mykotoxingehalte immer wieder festgestellt werden, besteht dieses Problem bei den untersuchten Proben deutschen Mühlenhafers weniger. In einer Studie aus 2021 enthielt dieser bis zu 600 µg/kg der Summe an T-2- und HT-2-Toxinen. In späteren Jahren wurden in norddeutschem Mühlenhafer vereinzelt auch Gehalte bis zu 1.500 µg/kg analysiert.

Trotz dieser im Vergleich geringen Gehalte, könnte der Höchstgehalt von nur 100 µg/kg für Haferflocken für die Hafermühlen teilweise nur schwer zu erreichen sein. Denn die Reduktionsrate dieser Mykotoxine liegt in der Praxis bei nur durchschnittlich 85 %. Deshalb ist es wichtig, einen Befall des Hafers mit Schimmelpilzen bestmöglich zu verhindern. 

  • Im ökologischen Anbau ist das Fusariumrisiko geringer als im konventionellen.
  • Der Anbau von Winterhafer birgt sehr hohe Risiken
  • Getreidearten als Vorfrucht erhöhen das Risiko.. Am besten als Vorfrucht geeignet sind Raps, Kartoffeln, Hülsenfrüchte oder Feldgemüse.
  • Der Einsatz des Pfluges verringert das Fusariumrisiko.