Die Erweiterung von Fruchtfolgen ist in der „Ackerbaustrategie 2035“ des BMEL eine der wichtigsten Stellschrauben. Doch die Alternativen sind insbesondere dann rar, wenn ertragssichere und -starke Hauptkulturen hohe Markterlöse garantieren bzw. wenn Standortfaktoren Alternativkulturen benachteiligen. Günter Stemann (1), Fachhochschule Südwestfalen, über Hafer als Alternative auf guten Böden.
Ackerbauliche Probleme lassen sich durch ein vielfältiges Anbauspektrum deutlich vermindern, auch hinsichtlich der geforderten Verbesserung der Biodiversität sind Vorteile zu erwarten. Bei dem Vergleich mit ertragssicheren und -starken Hauptkulturen bzw. durch Standortfaktoren benachteiligter Alternativkulturen muss der langfristige ackerbauliche Vorteil (Vorfruchtwert) den geringen Markterlös kompensieren. Darüber hinaus muss bei den „Extensivkulturen“ auch die Verringerung des Aufwandes für Produktionsmittel hinsichtlich der Umweltwirkungen verstärkt bedacht werden.
Hafer – gut begründet!
Hafer kann ähnlich wie Blattfrüchte die Infektionszyklen von Schwarzbeinigkeit, Halmbruch und anderen Fußkrankheiten unterbrechen. Dies basiert auf spezifischen Wurzelausscheidungen, die über allelopathische Wirkungen auch eine gewisse Unkrautunterdrückung bewirken können. Zusätzlich kann das Saatbett bis zum zeitigen Frühjahr ackerbaulich sehr gut vorbereitet werden, was Vorteile in Bezug auf das Management von schwer bekämpfbaren oder gar resistenten Ungräsern hat. Dies muss aber auch das Ziel sein, da seit dem Wegfall von Lexus® keine Gräserherbizide mehr im Hafer zugelassen sind. Demgegenüber können breitblättrige Unkräuter (u. a. auch Disteln) sehr effizient und preisgünstig bekämpft werden. Die im Gegensatz zum Wintergetreide meist gute, schüttfähige Struktur der Bodenoberfläche ermöglicht im Bedarfsfall auch effiziente Einsätze des Unkrautstriegels. Ein gut etablierter Haferbestand mit Saattiefe auf ca. 4 cm ist hier sehr robust.
1 Der Artikel ist in ähnlicher Form erstmals im Landw. Wochenblatt Westfalen erschienen. Der Arbeitgeber des inzwischen leider verstorbenen Autoren hat uns das Manuskript dankenswerterweise zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt. |
Als „Gesundungsfrucht“, die selbst nur geringe produktionstechnische Maßnahmen beansprucht, eignet sich Hafer gut zur Auflockerung enger Fruchtfolgen mit Getreide, aber auch Raps und kann den hohen Aufwand zur Absicherung der Erträge vermindern. Positiv in Betrieben mit Düngerzukauf ist die hohe Nährstoffeffizienz, die u. a. auch aus einer guten Durchwurzelungsleistung beruht. Selbst hohe Erträge von > 75 dt/ha können mit einem N-Aufwand von rd. 80 kg/ha erzeugt werden. Die so erreichten geringeren Nitratreste in der herbstlichen Sickerwasserperiode sind besonders für ausgewiesene „Rote Gebiete“ ein zunehmend wichtiger Aspekt. Letzterer zeigt sehr deutlich die Notwendigkeit der betriebsindividuellen Bewertung solcher Eigenschaften: Was in Ackerbaubetrieben mit Mineraldüngerzukauf positiv zu bewerten ist, kann im Viehhaltungsbetrieb mit Nährstoffüberhang zusätzliche Kosten für den Export organischer Dünger verursachen.
Anbauerfahrungen aus der Börde
Am Standort des Versuchsgutes Merklingsen der FH Südwestfalen in der Niederungslage der Soester Börde ist der Hafer aus den skizzierten Gründen seit jeher Bestandteil des Ackerbaukonzeptes. Die langjährig erzielten Erträge liegen relativ stabil auf hohem Niveau (s. Abb. 1a). Dabei hielten sich die Erträge trotz der extremen Frühjahrs- und Sommertrockenheit in den letzten Jahren, während insbesondere die der Ackerbohnen deutlicher absanken und die Erträge bei Raps deutlicher schwankten (Abb. 1b und c).
Wirtschaftlichkeit: Qualität wird gut bezahlt
Die Anbauentscheidung hängt nicht allein vom Ertrag, sondern ebenso von der Vermarktung und Verwertung ab. Der Marktpreis des Hafers ist von der Verwertungsrichtung abhängig. Qualitätshafer für die Nahrungsmittelerzeugung in den Schälmühlen wird aufgrund des enormen Anstieges der Nachfrage sowie der eher geringen inländischen Erzeugung stark nachgefragt und wird derzeit zu rd. 60 % durch Importe gedeckt! Bei hoher Kornqualität kann der Hafer über dem Weizenpreis gehandelt werden. Aber: Für Futterhafer gibt es demgegenüber keine rege Nachfrage, sodass dessen Preis noch unterhalb von dem der Gerste liegen kann. Der unbestrittene diätetische Wert des Hafers in der Fütterung findet dabei leider keine besondere Würdigung. So kann also das betriebswirtschaftliche Ergebnis stark schwanken, – dies zeigt das Kalkulationsergebnis der „Kostenbereinigten Marktleistung“ eindrücklich (s. Abb. 2). Der Hafer erreichte auch als Futterhafer durchaus das Ergebnis des Rapses bzw. war mit Qualitätsbezahlung sogar deutlich besser, während die Ackerbohnen weit abgeschlagen rangieren.
Hier darf jedoch nicht das „Verdrängungsprinzip“ greifen. Alternativkulturen sollen ergänzen, das Anbausystem vereinfachen und den Ertrag der Folgekultur sichern! In unserem Betrieb reagiert die Wintergerste nach Hafer mit sehr hohen und sicheren Erträgen auf Weizenniveau. Zudem verbieten sich zu hohe Rotationsanteile: Hafer wie auch Körnerleguminosen sollten eher weiter gestellt sein – alle sechs Jahre wäre ein gutes Ziel.
Qualität und Vermarktung
Während an diesem Standort gute Erträge möglich sind, liegt es mit den gewünschten Qualitäten im Argen. Als einfach und schnell ermitteltes Preiskriterium örtlicher Handelspartner dient das Hektolitergewicht, das in aller Regel an der angelieferten Rohware gemessen wird. Meist wird das gesetzte Limit von 52 kg/hl knapp verfehlt. Je nach Einstellung des Mähdreschers kann die Analyse nach Aspiration jedoch bereits um 1 bis 2 kg/hl höher liegen!
Vorrangig für die Herstellung der klassischen „Haferflocken“ ist ein gut ausgebildetes gesundes Korn wichtig. Für die erweiterte Produktpalette wie Müsliprodukte, Kleie, Hafermilch etc. gilt das nicht unbedingt. Daher sind die Anforderungen der Schälmühlen weitaus differenzierter. So werden u. a. auch Schälbarkeit, Spelz- bzw. Kernanteil und Korngrößenanteil (< 2 mm Schlitzlochsieb) bewertet, sodass auch eine Ware mit rd. 50 kg/hl nicht mehr zwangsläufig im Futtertrog landen muss. Dies setzt erhöhte Anstrengungen um eine entsprechende Vermarktung voraus: Die Erntemenge muss repräsentativ bemustert und der Schälmühle zur Analyse zugeschickt werden, sodass eine vorübergehende Einlagerung unvermeidbar ist. Es kann darüber hinaus vorteilhaft sein, kleinere Partien mit ausreichender Qualität überbetrieblich zu bündeln, um den logistischen Aufwand des Lkw-Transportes zu rechtfertigen. Sehr hilfreich wäre daher die Gründung von Erzeugergemeinschaften, verbunden mit einer guten Anbauberatung.
Fazit
Kulturen zur Entlastung unserer nach wie vor engen Anbausysteme sind gefragt. Während derzeit vorrangig die Körnerleguminosen favorisiert werden und deren Anbau in Folge der Förderprogramme merklich angestiegen ist, blieb der Hafer bis in die jüngste Vergangenheit weitgehend unbeachtet. Hafer trägt ebenso zur Unterbrechung von Infektionszyklen in Getreide- und Rapsfruchtfolgen bei, bietet darüber hinaus aber einen weiteren entscheidenden Vorteil: Die N-Bilanzen können erheblich entlastet werden und die „Gesundpflanze“ Hafer ermöglicht eine erfreulich extensive Produktion.
1): Der Artikel ist in ähnlicher Form erstmals im Landw. Wochenblatt Westfalen erschienen. Der Arbeitgeber des inzwischen leider verstorbenen Autoren hat uns das Manuskript dankenswerterweise zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt.
Schnell gelesen (Kurzfassung):
Als „Gesundungsfrucht“, die selbst nur geringe produktionstechnische Maßnahmen beansprucht, eignet sich Hafer gut zur Auflockerung enger Fruchtfolgen mit Getreide, aber auch Raps und kann den hohen Aufwand zur Absicherung der Erträge vermindern. Positiv in Betrieben mit Düngerzukauf ist die hohe Nährstoffeffizienz, die u. a. auch aus einer guten Durchwurzelungsleistung beruht. Selbst hohe Erträge von > 75 dt/ha können mit einem N-Aufwand von rd. 80 kg/ha erzeugt werden. Die so erreichten geringeren Nitratreste in der herbstlichen Sickerwasserperiode sind besonders für ausgewiesene „Rote Gebiete“ ein zunehmend wichtiger Aspekt.
Hafer trägt wie Grobleguminosen zur Unterbrechung von Infektionszyklen in Getreide- und Rapsfruchtfolgen bei, bietet darüber hinaus aber einen weiteren entscheidenden Vorteil: Die N-Bilanzen können erheblich entlastet werden und die „Gesundpflanze“ Hafer ermöglicht eine erfreulich extensive Produktion.
Am Standort des Versuchsgutes Merklingsen der FH Südwestfalen in der Niederungslage der Soester Börde ist der Hafer seit jeher Bestandteil des Ackerbaukonzeptes. Die langjährig erzielten Erträge liegen relativ stabil auf hohem Niveau. Dabei hielten sich die Erträge trotz der extremen Frühjahrs- und Sommertrockenheit in den letzten Jahren, während insbesondere die der Ackerbohnen deutlicher absanken und die Erträge bei Raps deutlicher schwankten.
Wird die erforderliche Qualität erreicht und kann so Hafer als Industriehafer vermarktet werde, ist der Anbau hoch wirtschaftlich. Bei hoher Kornqualität kann der Hafer über dem Weizenpreis gehandelt werden.
Der Artikel ist in ähnlicher Form erstmals im Landw. Wochenblatt Westfalen erschienen. Der Arbeitgeber des inzwischen leider verstorbenen Autoren hat uns das Manuskript dankenswerterweise zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt.