Weites Feld mit grünem Getreide unter klarem Himmel. (automatisch generiert durch KI)

Ackerfuchsschwanz-Bekämpfung: 97 % Wirkungsgrad müssen sein!

Gründe für Probleme mit Ackerfuchsschwanz (AF) können vielfältig sein. Resistenzbildung, der Wegfall von Wirkstoffen, aber auch ackerbauliche Missstände sind einige davon. Eine Bekämpfungsstrategie sollte daher vielschichtig erfolgen, wie Uwe Nuß, Fachberater für Baden-Württemberg, erläutert. Das Gespräch mit Stephanie Makowski und Dr. Anke Boenisch fand im Rahmen der Podcastserie „praxiscast.agrar“ statt. Dieser Beitrag ist eine gekürzte Version der Folge.

praxiscast.agrar: Wie groß ist das Thema Resistenzbildung in Baden-Württemberg?

Uwe Nuß: In vielen Gebieten sind schwere Böden – sog. Minutenböden – an der Tagesordnung. Böden also, die man oft nur eine relativ kurze Zeit am Tag bearbeiten kann, weil Lehm- und Tongehalte hier sehr hoch sind. Im Rheingraben hingegen herrschen leichtere Böden vor – da spielen Windhalm und zunehmend auch Weidelgras die größere Rolle. Leichtere Böden neigen oft zu einem niedrigeren pH-Wert. Das ist ein Milieu, das für den AF nicht optimal ist – das Problem ist hier also begrenzt. Hier ist dann eher der Windhalm das vorrangige Schadgras.

AF hat sich bekanntermaßen etablieren können durch die vielen Winterungen, die angebaut werden. Auf den schweren Böden ist auch die Keimfähigkeit der Samen besonders lang gegeben – bis zu 8 Jahre – und damit steigt der Samendruck.


Warum sind Winterungen „gut“ für die Vermehrung des AF?

In Winterungen findet der AF ideale Lebensbedingungen vor, weil diese Kulturen ähnliche Ansprüche haben. Aber der AF hat gegenüber den Winterungen sogar noch einen Vorteil: Er wächst schon wenige Grad über Null, eine Weizenpflanze fängt erst bei 7–8 Grad an zu wachsen. Das nutzt der AF aus.


Wer es so weit hat kommen lassen, muss Jahre kämpfen!
Wer es so weit hat kommen lassen, muss Jahre kämpfen!


Da sind wir schon bei der Biologie: Nur den Feind, den man kennt, kann man gut bekämpfen. Wo liegen denn die wirkungsvollsten Bekämpfungsmöglichkeiten?

Fangen wir im Hebst beim Keimverhalten an. Wenn ein Feld Mitte Oktober z. B. mit Weizen bestellt wird, sind in den oberen 2–3 cm Boden jede Menge AF-Samen vorhanden. Wenn sie durch die Bodenbearbeitung einen Lichtreiz erfahren, laufen etwa 90 % aller AF-Samen dieser Bodenschicht im Herbst auf. Bekämpfungsmaßnahmen müssen also unbedingt im Herbst erfolgen, dann hat man das höchste Bekämpfungspotenzial, optimal bei 90 %. Die restlichen 10 % keimen aus tieferen Bodenschichten im Frühjahr.

Wie sieht die von Dir empfohlene Herbstbekämpfung aus?

Wir arbeiten im Herbst (im konventionellen Landbau) vorrangig mit Bodenherbiziden und im Frühjahr mit eher blattaktiven Herbiziden gegen die schon aufgelaufenen Pflanzen.

Im Herbst ist das der Wirkstoff Flufenacet, der aber leider demnächst keine Zulassung mehr hat. Wir haben ja die Hoffnung auf den neuen bodenwirksamen BASF-Wirkstoff, der nächstes Jahr auf den Markt kommen soll. Dieser Wirkstoff wird aber voraussichtlich nur in Weizen eine Zulassung erhalten. Deshalb müssen wieder vermehrt die alten Wirkstoffe Pendimethalin und Prosulfocarb mit all ihren Auflagen zum Einsatz kommen. Wir müssen in jedem Fall in Zukunft insgesamt einen 97%igen Wirkungsgrad realisieren – mindestens. Sonst bekommt man die Vermehrung dieses Schadgrases nicht in den Griff. Deshalb läuft die Bekämpfung auf zwei Behandlungen hinaus. Eine im Herbst und eine bei Vegetationsbeginn im Frühjahr.

Du hattest gesagt, dass die Keimfähigkeit der Samen auf schweren Böden bis zu 8 Jahre betragen kann. Dann schleppe ich, wenn mein Bekämpfungserfolg unter 100 % liegt, ja zunehmend mehr Altlasten ins nächste Jahr mit. Und die hole ich mir mit der Bodenbearbeitung auch immer wieder nach oben!

Genau. Das bedeutet, dass ich eine konsequente Bodenbearbeitung fahren muss.

Im ersten Jahr setze ich zunächst den Pflug ein. Damit vergrabe ich den größten Teil des Samenpotenzials aus der oberen Bodenschicht. Das heißt auf den schwereren Böden aber auch: Danach muss ich die nächsten 5–8 Jahre durchhalten und keinen Pflug einsetzen, sonst hole ich mir die alle wieder hoch! Nach diesem Pflügen muss ich dann auf verseuchten Flächen das verbliebene Samenpotenzial mit einem Scheinsaatbett über den Lichtreiz zum Keimen anregen. Wenn ich die Möglichkeit habe, Glyphosat einzusetzen, dann sollte ich das im Herbst tun. Das ist eine ausgezeichnete Waffe gegen AF.

Was empfiehlst Du allen, die kein Glyphosat einsetzen dürfen oder schlicht nicht wollen?

Hier sind mechanische Möglichkeiten gegeben: In trockenen Phasen nach dem Auflaufen des AF muss konsequent bekämpft werden.

Aber es gibt noch andere unterstützende Maßnahmen. Zum Beispiel die Saatstärke der Winterung. Ein dichter Bestand ist die beste Unkrautbekämpfung! Zudem unterdrücken einige Sorten die Unkräuter besser als andere, weil sie z. B. breitere Blätter haben. Eine sehr gute Weizensorte wäre da SU TAMMO, der zudem auch die Reihen relativ schnell dichtmacht.

SU Tammo hat eine gute Jugendentwicklung und breite Blätter und unterdrückt so Ungräser.
SU TAMMO hat eine gute Jugendentwicklung und breite Blätter und unterdrückt so Ungräser.

Wenn aber das Problem vorrangig dadurch entsteht, dass die Fruchtfolge zu winterungslastig ist, müsste ich nicht erst mal da ansetzen? Die Fruchtfolge erweitern und Sommerungen platzieren?

Das stimmt absolut. Sommerungen fahren AF in die Parade, aber man darf auch die Ökonomie nicht vergessen. Nicht alle Sommerungen sind auch wirtschaftlich. Das ist ja auch der Grund für die (zu) vielen Winterungen.

Bei Sommerungen muss man die dort eingesetzten Herbizide mit in das Resistenzmanagement einbeziehen. Im Mais z. B. nutzt man gern Sulfonylharnstoffe, die ja auch im Frühjahr im Weizen zum Einsatz kommen. Man muss also in der Fruchtfolge insgesamt darauf achten, nicht zu oft dieselbe Wirkstoffgruppe zu applizieren.


Dieser Artikel ist eine Kurzfassung einer unserer Podcastfolgen von PRAXISCAST.AGRAR - den Podcast der SAATEN-UNION und Praxisnah. Einfach mal reinhören!


Was gibt es noch an weiteren ackerbaulichen Maßnahmen, die den AF ausbremsen?

Der Saatzeitpunkt ist absolut wichtig. Alle Berater empfehlen einen späteren Zeitpunkt – nicht nur wegen des AF, sondern auch wegen der Virusbelastung. ABER: Spätere Saat heißt auf Ertrag zu verzichten! Das kann manchmal 10–15 dt/ha ausmachen.

Aber auch AF kostet Ertrag. Das kann man zwar schwer erfassen, aber es gab schon in früheren Jahren Exaktversuche zu Pflanzenschutzapplikationen an unterschiedlichen Terminen. Und immer kam heraus, dass eine Herbstbekämpfung die wirksamste, sinnvollste und wirtschaftlichste ist.

Bei einer nicht optimal verlaufenen Frühjahrsbehandlung bleiben die überlebenden AF-Pflanzen kleiner, wachsen also nicht mehr über meinen Nutzpflanzenbestand hinaus. Aber auch diese unterständigen – auf den ersten Blick nicht sichtbaren – Pflanzen samen natürlich aus. Das Risiko, dass im Frühjahr behandelte Pflanzen weiter wachsen, weil sie resistent sind, ist sehr hoch.

Was heißt „nicht optimal“ in diesem Zusammenhang?

Ich muss bei der Applikation aufpassen. Da geht es nicht nur um den optimalen Termin und die optimale Aufwandmenge, sondern auch z. B. um die Düsentechnik und -einstellung, um eine ausreichende Wassermenge. Bei Wasser wird oft gespart, um weniger häufig tanken zu müssen – aber nur mit ausreichend viel Wasser treffe ich die Pflanzen auch sicher. Denn oft sind überlebende Pflanzen keine resistenten Pflanzen, – sondern einfach welche, die nicht getroffen wurden.

Wie finde ich denn heraus, welche bzw. ob die Pflanzen resistent sind?

Man sammelt Ähren ein, wenn sie sich rötlich färben, also abreifen. Nie in Plastiktüten lagern, die Ähren fangen sonst schnell an zu schimmeln. Papiertüten sind besser geeignet. Man kann diese Samenproben dann, mit vorheriger Absprache, kostenpflichtig an das LTZ Augustenberg schicken. Dort werden die Samen in verschiedenen Töpfen ausgesät und die kleinen Pflanzen werden dann mit unterschiedlichen Wirkstoffen behandelt. Bleibt die Pflanze grün, wirkt das Pflanzenschutzmittel nicht mehr! Die einfache Variante mit nur dem selbst genutzten Wirkstoff kann man natürlich auch selbst durchführen.

Was gibt es denn noch für „kleine Schräubchen“, an denen man wirkungsvoll drehen kann?

Ein Punkt ist noch die Feldrandhygiene. Ich sollte meinen Feldrand mulchen, wenn das die Gemeinde nicht macht bzw. zu Unzeiten.

Dann ist noch die Hygiene am Mähdrescher zu nennen. Nach Problemflächen muss der unbedingt ordentlich gereinigt werden, sonst wird der Besatz auf bisher unverseuchte Äcker geschleudert!


Fazit:

Die Ackerfuchsschwanzbekämpfung ist ein „Projekt“, das sich über die ganze Fruchtfolge erstrecken muss, und jede Möglichkeit nutzen muss, die sich im Bereich Bodenbearbeitung, Bestandesführung, Sortenwahl, chemischer und mechanischer Pflanzenschutz bietet. Jede Maßnahme muss dabei sehr sorgfältig durchgeführt werden. Denn aufgrund der hohen Reproduktionsrate und der Langlebigkeit der AF-Samen rächen sich Fehler. Eine Bekämpfung mit einem geringeren Wirkungsgrad als 97 % ist keine, denn nur oberhalb dieser 97 % verringert sich das Samenpotenzial dauerhaft.


Schnell gelesen (Kurzfassung):

Die Bekämpfung des Ackerfuchsschwanzes (AF) ist eine zentrale Herausforderung im Ackerbau, insbesondere auf schwereren Böden. AF profitiert von dichten Winterungen, langen Keimfähigkeiten der Samen (bis zu 8 Jahre) und seiner schnellen Jugendentwicklung. Ein effektives Management erfordert daher eine Kombination aus chemischen, mechanischen und ackerbaulichen Maßnahmen über mehrere Jahre hinweg.

Die wichtigste Bekämpfungsmaßnahme erfolgt im Herbst, da bis zu 90 % der Samen in den oberen Bodenschichten dann keimen. Hier sind bodenwirksame Herbizide wie Flufenacet entscheidend – dessen Zulassung jedoch bald endet. Zukünftig sollen ältere Wirkstoffe wie Pendimethalin und Prosulfocarb sowie neue Produkte (z. B. von BASF) eingesetzt werden. Ergänzt wird dies durch eine Frühjahrsbehandlung mit blattaktiven Mitteln. Ein Wirkungsgrad von mindestens 97 % ist notwendig, um die Samenbank im Boden langfristig zu reduzieren.

Zentrale ackerbauliche Stellschrauben sind:

  • Fruchtfolgegestaltung: Sommerungen senken den AF-Druck, sind aber nicht immer ökonomisch tragfähig.
  • Spätere Saattermine: Sie mindern den Befall, können aber Wirtschaftlichkeit kosten.
  • Bestandesführung: Hohe Saatstärken und konkurrenzstarke Sorten (z. B. SU Tammo) unterdrücken AF.
  • Bodenbearbeitung: Anfangs Pflügen zur Tiefenvergrabung der Samen, dann über Jahre keine erneute Pflugnutzung.
  • Scheinsaat und Glyphosateinsatz: fördern Keimung und ermöglichen gezielte Bekämpfung.
  • Mechanische Verfahren: Sind in trockenen Phasen effektiv.
  • Resistenzmanagement: Unterschiedliche Wirkstoffgruppen über die Fruchtfolge hinweg.
  • Feldrand- und Maschinenhygiene: verhindern Neueinschleppung.
  • Fehler bei Anwendung oder Technik (z. B. falsche Düsen, zu wenig Wasser) führen oft zu unzureichender Wirkung. Pflanzen überleben dann, sind aber nicht wie oft falsch vermutet resistent. Für Resistenznachweise gibt es Testmöglichkeiten beim LTZ Augustenberg.