Nasse Flächen - Wie sollte die Düngung des Wintergetreides angepasst werden?

Nasse Flächen - Wie sollte die Düngung des Wintergetreides angepasst werden?

Die Düngung der Wintergetreidebestände läuft jetzt in vielen Regionen endlich an. Dennoch ist die Befahrbarkeit der Flächen teilweise immer noch grenzwertig. Bereits geringe Niederschläge führen dazu, dass die Flächen nicht befahrbar sind. Die Aussaat von Sommerungen ist dementsprechend noch kritischer. Was aktuell bei der Düngung beachtet werden sollte, haben wir Düngeexperte Florian Eißner von SKW Piesteritz gefragt. 

Worauf sollte in diesem Jahr der Fokus in der Winterweizen Düngung liegen?

Florian Eißner: 2024 stellt uns in vielerlei Hinsicht vor große Herausforderungen was die Düngung betrifft. Es gilt die Bestände zum Saisonstart individuell zu beurteilen und realistische Ertragserwartungen abzuleiten um den Stickstoff - Düngebedarf festzulegen. Hier reicht das Bild in vielen Betrieben vom optimal entwickelten September-Rapsweizen mit vier kräftigen Trieben bis hin zum verschlämmten November-Rübenweizen mit zwei Blättern. Auskunft über den Ist-Zustand im Boden hinsichtlich des pflanzenverfügbaren Stickstoff- und auch Schwefelangebotes zu Vegetationsbeginn geben uns die Nmin- und Smin-Werte. Auf Grund der hohen Niederschlagsmengen wurden Nitrat und Sulfat über Winter meist in tiefere Bodenschichten verlagert und stehen den Pflanzen somit nicht mehr zur Verfügung. Schlagindividuelle Nmin- und Smin-Werte erlauben eine treffsichere Kalkulation der Stickstoffdüngung und sind dringend angeraten. Die aktuellen Qualitäts-Preisaufschläge machen zudem das Ausreizen des jeweiligen Sortenpotenzials interessant. Das Qualitätsziel gilt es daher ebenso im Auge zu behalten.

Startgabe

Florian Eißner: Die kalkulierte Stickstoffmenge muss die Weizenbestände über die gesamte Vegetation hinweg bedarfsgerecht ernähren und Zusatzstress vermeiden. Eine zusammengefasste Startgabe (ca. 60% bis 70% der gesamt zu düngenden N-Menge) mit ammoniumstabilisierten Düngern (z.B. ALZON® neo-N) bietet hier einige Vorteile gegenüber nitratbetonten Düngesystemen zum Start. Pflanzen können sowohl Ammonium als auch Nitrat effizient und bedarfsgerecht aus der Bodenlösung aufnehmen. Mit einer zusammengefasst-ammoniumbetonten Startgabe gibt es insgesamt mehr pflanzenverfügbaren Stickstoff im Boden als beim nitratbetonten Start. Man vermeidet Nitrat-Schwemmen (extreme Konzentrationen in der Bodenlösung) und damit einhergehender Verluste (Nitratverlagerung, Lachgasverluste). Zudem kann Nitrat im Überfluss zu einer Art Luxuskonsum der Pflanzen führen, was sich in Biomasse im Überfluss ausdrückt, die gegen späte Fröste oder vorsommerliche Dürreperioden gleichermaßen empfindlich reagiert. Das dank Nitrifikationsinhibitor-Wirkung neben Ammonium reguliert und dosiert fließende Nitrat wird nachweislich auch in kalten, nassen Böden kontinuierlich gebildet. Dazu kommt ein erhöhtes Ammoniumangebot, welches bei Nutzung sofort und permanent aus der mit Ammonium gut gefüllten Speisekammer Boden (Sorptionskomplexe) wieder aufgefüllt wird (gesetzmäßiger Konzentrationsausgleich; für jedes aufgenommene Molekül wird umgehend eines nachgeliefert). Zusammen wird so eine reichhaltige, dabei aber nicht überzogene ammoniumbetonte Stickstoff-Versorgung mit all ihren Vorteilen gewährleistet.

Bei steigenden Temperaturen und steigendem Bedarf passt sich dieses biologisch gesteuerte System perfekt an die Erwärmung an (abnehmende Wirkung des Nitrifikationsinhibitors, schnellere Nitrifikation, höhere Sättigungskonzentrationen). Im Resultat wird eine perfekte Synchronisation zwischen Stickstoff-Bereitstellung und Stickstoff-Bedarf der Bestände erreicht. Der Verzicht auf sehr hohe Stickstoff-Konzentrationen in der Bodenlösung (kombiniert mit einem erhöhten Ammonium-Anteil) regt die jungen Wurzeln zu einem intensiveren Wachstum und stärkerer Verzweigung an – ein unschätzbarer Vorteil unter den Bedingungen des Klimawandels. Die nächste Frühjahrs- oder Vorsommertrockenheit kommt gewiss!

Bei der Aufnahme von Ammonium in die Wurzel werden zum Ladungsausgleich zudem Protonen abgegeben, wodurch der pH-Wert im Boden sinkt. Ein schöner Effekt dieser pH-Wert Senkung durch ammoniumbasierte Düngung ist die erhöhte Phosphor-Mobilisierung und die Erschließung von Mikronährstoffen.

Die Anschluss- und damit vorgezogene Qualitätsgabe im dargestellten System kann dann witterungsabhängig zwischen BBCH 35 bis 39 mit einem traditionellen Dünger (z.B. KAS oder PIAGRAN® pro, PIAMON® 33-S) in Höhe von 30% bis 40% der gesamt zu düngenden N-Menge appliziert werden.

Düngung im Frühjahr
Düngung im Frühjahr

Gibt es Tricks, um trotzdem Qualitätsweizen zu erzeugen?

Florian Eißner: Neben der Versorgung der Bestände mit Stickstoff, muss zur Erzeugung von Weizen, insbesondere von Qualitätsweizen, auch die ausreichende Versorgung mit Schwefel bereits zu Vegetationsbeginn abgesichert sein. Ein Kilo Schwefel im Mangel kann dabei die Aufnahme von 10 bis 15 kg Stickstoff in die Pflanze verhindern. Ein kombinierter Stickstoff-Schwefeldünger zur Qualitätsgabe kann sich positiv auf den Rohproteingehalt und die Rohproteinqualität auswirken. Daneben muss die Versorgung mit Mikronährstoffen über die gesamte Vegetation hinweg gesichert sein. Auf einigen Standorten kann auch eine gezielte Nachdüngung mit Kalium und / oder Phosphor im Frühjahr sinnvoll sein.

Muss man bei frühen, proteinstarken Sorten, wie unsere erwartete Neuzulassung SU MAGNETRON (Lemmy ähnlich) das Düngeregime gegenüber späteren Sorten, wie SU JONTE anpassen? Z.B. durch früheres Schoss/Ährenschieben früher höhere Mengen düngen?

Florian Eißner: Die bereits dargestellten Düngungssysteme mit zusammengefassten ammoniumbetonten Startgaben eignen sich auch sehr gut für frühe Sortentypen. Der von den Pflanzen benötigte Stickstoff ist dann bereits frühzeitig im Boden. Die Pflanze bedient sich dann bedarfsgerecht aus der „Speisekammer“ des Bodens für ihre Stickstoffernährung. Arbeitswirtschaftlich hat dies den charmanten Vorteil, dass man im hektischen Betriebsablauf des Frühjahrs dann auch keinen Termin für die Anschlussdüngung eines solchen frühen Kandidaten übersieht, weil man zeitgleich noch in der Maisbestellung steckt.

Winterweizen SU JONTE
Winterweizen SU JONTE

Durch die späte Befahrbarkeit steigt der Druck insbesondere auf Güllebetrieben. Gibt es Empfehlungen ihrerseits, wie eine optimale Ergänzung der Düngung aussieht und was bei der diesjährigen späten Gülledüngung berücksichtigt werden soll?

Florian Eißner: Sind die Bedingungen für eine frühe Gülledüngung mit den sehr schweren Maschinen nicht gegeben, sollte in Erwägung gezogen werden mit der mineralische Ergänzung zu starten. Hier sind in knappen Zeitfenstern mit etwas leichteren Maschinen hohe Flächenleistungen auch kurzfristig möglich. Hier sollten mineralische Düngemittel mit engen Stickstoff-Schwefel Verhältnissen zum Einsatz kommen, damit bei kombinierter organisch-mineralischer Düngung genügend Schwefel appliziert wird. Ein Hungern der Bestände ist unbedingt zu vermeiden.

Gülle, welche auf Grund von Lagerplatzknappheit oder Arbeitswirtschaftlichkeit, bereits sehr früh auf geplanten Maisflächen ausgebracht wird, sollte unbedingt ein Nitrifikationsinhibitor zugesetzt werden (z.B. PIADIN®). So kann die Stickstoffnutzungseffizienz der Gülle optimiert werden, da der Hauptstickstoffbedarf des Mais erst ab dem 6-Blattstadium besteht. Nitratauswaschungsverluste drohen bis dahin.

Auf einigen Flächen wird vermutlich Sommerweizen zwischen den Winterweizen gedrillt. Wie geht man mit solchen Nestern/Streifen um? Müssen sie getrennt gedüngt werden, oder kann man diese in die Überfahrt mit einbinden?

Florian Eißner: Da Sommerweizen und Winterweizen gemäß Düngeverordnung unterschiedliche Bedarfswerte haben, werden in den meisten Fällen unterschiedliche zu düngende Stickstoffmengen daraus resultieren. Ein pragmatischer Ansatz in solchen Fällen ist dann vermutlich die erste Düngung einheitlich über Sommer- und Winterweizenfläche zu fahren. Die Anschlussdüngung kann dann differenziert werden, um auch den unterschiedlichen Vorgaben für beide Kulturen gemäß DüV Rechnung zu tragen. Mit einer Flüssigdüngung (z.B. PIASAN®-S 25/6) können solche Zonen entsprechend randscharf appliziert werden. Der Einsatz von speziellen Flüssigdüngerdüsen oder Schleppschläuchen empfiehlt sich je nach Vegetationsstadium. Die Bestände müssen bei Applikation abgetrocknet sein.


Weitere Themen der letzten Wochen aus der Praxis: