Hybridroggen: auch für bessere Standorte eine Alternative

Hybridroggen: auch für bessere Standorte eine Alternative

Der Roggenanbau hat in den letzten Jahren wieder deutlich an Attraktivität gewonnen. Dr. Ulrich Lehrke, Landwirtschaftskammer Niedersachsen, zeigt, dass Roggen auch auf Standorten mit höherem Ertragspotenzial eine Alternative zu Weizen sein kann.

Roggenernte im Trockenjahr 2018
Roggenernte im Trockenjahr 2018
Die Attraktivität von Roggen steigt primär aus folgenden Gründen: Roggen hat eine hervorragende Wassereffizienz, die er in den Trockenjahren unter Beweis stellen konnte, die Vermarktungsbedingungen haben sich verbessert und Roggen wird in der Humanernährung als gesunde Alternative zum Weizen zunehmend nachgefragt. Auch im Futter findet Roggen inzwischen immer mehr Verwendung. Zudem wird der Anbau durch große Anstren­gungen der Züchtung unterstützt, denn als Hybridgetreide ist Roggen auch für die Züchter wirtschaftlich interessant.

In Zukunft könnte der Anbauumfang noch weiter steigen, da der Roggen auch in der Nährstoffeffizienz den anderen Getreidearten überlegen ist. Damit wird er auch auf den guten Standorten für den Anbau immer attraktiver. Versuche zeigen, dass sein Ertragspotenzial mit Weizen konkurrieren kann. Eine weitere Steigerung des Roggenanbaus könnte sich ab 2023 durch die neuen GAP-Regelungen ergeben, die im Rahmen der vielfeldrigen Fruchtfolge (Eco-Schemes) den Anbau einer Hauptkultur auf 30 % beschränken werden. Zudem wird ein Fruchtwechsel gefordert.


Preise haben sich stabilisiert

Dr. Lehrke
Dr. Lehrke
Roggen hatte in den vergangenen Jahren aufgrund geringerer Preise im Vergleich zu den anderen Getreidearten an Interesse verloren. Durch die steigende Nachfrage sowohl bei der Brotgetreidevermarktung als auch im Futter haben sich die Preise zuletzt etwa auf dem Niveau von Wintergerste stabilisiert. Durch die Teilnahme an Anbauprogrammen, wie u. a. den Verzicht auf den Wachstumsregler Cycocel® lassen sich zudem noch weitere Preiszuschläge erzielen. Auf Grundlage seiner guten Ertragsleistung erreicht Roggen somit auf vielen Standorten bei der Grundrente das Niveau von Wintergerste und Stoppelweizen.


Klarer Zuchtfortschritt für mehr Wettbewerbsfähigkeit

Da Roggen im Gegensatz zu Gerste und Weizen ein Fremdbefruchter ist, lässt sich in der Roggenhybridzüchtung ein wesentlich höherer Heterosiseffekt erzielen. Durch die hohe genetische Variabilität ist der Zuchtfortschritt beim Roggen höher als bei den anderen Getreidearten.

So liegt das Ertragsniveau inzwischen auch auf den guten Standorten auf dem von Weizen – oder sogar darüber, wie u. a. Versuche der Fachhochschule Rendsburg zeigen. Dazu kommt ein deutlicher Zuchtfortschritt bei Gesundheit und Standfestigkeit. Vor allem bei der wichtigsten Krankheit Braunrost zeigen die neueren Hybriden deutlich weniger Befall.

Sechs Sorten sind aktuell mit einer sehr guten Standfestigkeit ausgezeichnet (sehr geringe bis geringe Neigung zu Lager). Gerade eine Verbesserung der Standfestigkeit ist auch für die Zukunft wichtig, denn im Brotgetreidesegment werden bei der Einschränkung in der Wachstums­regler­anwendung Zuschläge gezahlt. Wenn in einigen Jahren Zwerghybride auf den Markt kommen, wird dies ein weiterer Fortschritt in diesem Merkmal sein. In Tab. 1 sind die derzeit im LSV Niedersachsen geprüften Sorten dargestellt. Die meisten sind im Hinblick auf die Blattgesundheit gut eingestuft. Die Ertragsverluste durch den Verzicht auf Fungizide und Wachstumsregler betrugen auf dieser Grundlage 2021 auf Sandböden Nordhannovers lediglich 10 bis 15 %. Damit leistet die Züchtung gesunder Sorten einen großen Beitrag zur Stabilisierung der Roggenerträge. Die Fallzahlstabilität der neueren Hybriden ist als gut bis sehr gut klassifiziert.


Eigenschaften Hybridroggen
Eigenschaften Hybridroggen


Versuch bestätigt die hohe N-Effizienz

Roggen besitzt von allen Getreidearten die beste Nährstoff­aneignung. Dies wird auch durch den niedrigen Bedarfswert von 170 kg N/ha im Rahmen der Düngeverordnung unterstrichen. Aufgrund der Verschärfung der Düngeverordnung und der stark gestiegenen Düngerkosten wird dieses Merkmal in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Vor allem in den Roten Gebieten kann der Anbau von Roggen daher dazu beitragen, die zu erwartenden wirtschaftlichen Verluste zu mindern. Insbesondere in den Fruchtfolgen mit hohen Getreideanteilen und Raps kann der Abschlag von 20 % vom Bedarfswert kaum kompensiert werden. Roggen ist daher auf diesen Standorten die einzige Frucht, die auf die Reduktion vermutlich nicht mit Minderertrag reagieren wird. Um diese Annahme zu belegen, wurden im letzten Jahr auf vier Standorten Düngungsversuche mit verschiedenen Roggensorten angelegt (s. Tab. 2).

Reaktion von Roggen auf Reduzierung der N-Düngung
Reaktion von Roggen auf Reduzierung der N-Düngung

Die Ertragsergebnisse können insgesamt die hohe N-Effizienz vom Roggen bestätigen. Auf der Grundlage eines Bedarfswertes von 170 kg/ha (keine Ertragsanpassung) wurden im Mittel der vier Standorte Erträge von etwa 90 dt/ha erzielt. Allerdings schwankten diese stark.

Die Reaktion der Reduktion war jedoch auf allen Standorten gleichgerichtet. Eine Minderung der Düngung führte über die Sorten zu geringen, – statistisch meist nicht absicherbaren – Ertragsverlusten von im Mittel 1,7 dt/ha. Eine weitere Reduktion um insgesamt 40 % der Düngung verminderte den Ertrag um insgesamt gut 5 dt/ha. Auf dem tiefgründigen Lößstandort in Jeinsen (Südhannover) waren die Effekte vergleichbar. Bei einem Nmin-Gehalt von 50 kg/ha in 0 – 90 cm mussten im Optimum 120 kg/ha Stickstoff gedüngt werden. Allerdings zeigte der Roggen auch bei einer stärkeren N-Reduktion keine höheren Verluste.

Auf diesem Versuchsschlag stand auch Winterweizen, der ebenfalls ein Niveau von 80 dt/ha erreichte. Dies erforderte allerdings eine Düngung von 200 kg N/ha!


Anbau optimieren

Ein hoher Ertrag und eine sehr gute Wirtschaftlichkeit lassen sich auch beim Roggen nur durch eine optimale Produktionstechnik absichern. Nur ein Anbau nach Blattfrüchten
sichert eine optimale Wurzelentwicklung ab und begrenzt auch das Krankheitsauftreten. Roggen sollte möglichst früh ab dem 20. September (nach Getreide) und bis Mitte Oktober (nach Blattfrucht) ausgesät werden, Spätsaaten mindern den Ertrag deutlich. Saatmengen von 180 Körnern/m2 sind bei zeitgerechter Saat anzustreben, bei später Saat sollten Zuschläge erfolgen.


Fazit

Die zunehmende Begrenzung des Wasser- und Nährstoffangebotes begünstigt den Roggenanbau. Durch den Züchtungsfortschritt wurden die Roggensorten in vielen wichtigen Merkmalen deutlich verbessert. Roggen gewinnt daher nicht nur auf den leichten Standorten wieder an Attraktivität. Besonders in den „Roten Gebieten“ ist der Anbau von Roggen auch auf den ertragreicheren Standorten eine interessante Alternative.

Text: Dr. Ulrich Lehrke |
Fotos: Ulrich Lehrke, Anke Boenisch, Andreas Henze


Schnell gelesen (Kurzfassung):

Die Attraktivität von Roggen steigt primär aus folgenden Gründen: Roggen hat eine hervorragende Wassereffizienz, die er in den Trockenjahren unter Beweis stellen konnte, die Vermarktungsbedingungen haben sich verbessert und Roggen wird in der Humanernährung als gesunde Alternative zum Weizen zunehmend nachgefragt. Auch im Futter findet Roggen inzwischen immer mehr Verwendung.

Seine Attraktivität wird weiter steigen, denn zu dem stetigen Zuchtfortschritt in Sachen Ertrag und Gesundheit kommt eine hervorragende Nährstoffeffizienz. Letztere konnte auch in Versuche verifiziert werden.

Da Roggen auf eine reduzierte N-Düngung weitaus weniger stark reagiert als z. B. Weizen, wird diese Kulturart besonders in den „Roten Gebieten“ auch auf ertragreicheren Standorten interessant.